Der Deutschlandfunk hat gefragt, ob das Festjahr »1700 Jahre jüdisches Leben« ein Erfolg war. Abraham Lehrer (Vorstand der Synagogen-Gemeinde Köln, Vorstandsvorsitzender der Zentralwohlfahrtsstelle (ZWST) und Vizepräsident des Zentralrats), der sich im Verein von »1700 Jahre« engagiert, hat diese Frage positiv beantwortet. Ich durfte ein paar vorsichtige Gedanken beisteuern.
Eine kleine Rückschau auf die Eröffnungsveranstaltung von »1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland« gab es heute meinerseits im Deutschlandfunk. Insbesondere der letzte Satz aus der Rede des Bundespräsidenten »Diese Bundesrepublik Deutschland ist nur vollkommen bei sich, wenn Juden sich hier vollkommen zu Hause fühlen « hat mich beschäftigt. Hört sich smart an, aber wenn man etwas nachdenkt, stellen sich ein paar Fragen.
Der Deutschlandfunk hat einen kleinen Bericht über die Überalterung der jüdischen Gemeinden gemacht (hier abrufbar und lesbar) und auch mich als pessimistische Stimme ins Boot geholt.
Ich habe erklärt, dass die demografische Struktur vermutlich dazu führen wird, dass die eine oder andere Gemeinde vermutlich aufgeben müsste. Dieser Pessimismus ist natürlich durchaus gewollt, weil er (hoffentlich) zu fundiertem Widerspruch führt. Günter Jek von der ZWST ist etwas optimistischer und spricht von Zusammenlegungen – was auf der anderen Seite natürlich dazu führen könnte, dass eine von zwei fusionierten Gemeinden de facto verschwindet. Aber die Zeit wird zeigen, was wird. Wichtiger scheint mir zu sein, dass man darauf vorbereitet ist und einen Plan entwickelt hat, wie jüdisches Leben in den Gemeinden, die bleiben, möglichst attraktiv ist. Dieses Spannungsfeld führt vielleicht eines Tages zu einer breiten Diskussion des Themas.
Es gibt jedoch einen Punkt, den ich vollkommen anders sehe, als der Autor des Beitrags, Jens Rosbach:
Denn viele Zuwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion kamen als gestandene Erwachsene oder als Rentner hierher. Kein Wunder also, dass 2017 rund 1.500 Menschen in den jüdischen Gemeinden gestorben sind, aber nur rund 250 Menschen geboren wurden.
[…] die jüdischen Gemeinden vor große Integrationsprobleme gestellt. Denn viele Migranten sprachen anfangs kein Deutsch, fanden keine Arbeit und wussten außerdem wenig über die jüdische Religion.
Viele der Zuwanderer waren im »besten Alter«, als sie nach Deutschland kamen. Sie waren hervorragend ausgebildet, optimistisch und haben natürlich auch Senioren mitgebracht. Diese gut ausgebildeten Leute gehen heute auf das Rentenalter zu. Sie haben sich – in den meisten Fällen – hervorragend integriert und wäre man ihnen entgegengekommen, wie man heute Zuwanderern entgegenkommt – mit Jobhilfen, Anerkennungen, Berufsorientierungen etc. dann würde es einigen heute noch besser gehen. Aber sie haben sich oftmals durchgebissen und sich gut aufgestellt und die Chance für ihre Kinder erkannt. Diese sind heute junge Leute und haben Familien gegründet. Einige (natürlich nicht alle) aus meinem Umfeld sind heute Akademiker und tun das, was ihnen richtig erscheint: sie verlassen Deutschland wieder und ziehen der Arbeit nach. Das liegt auch daran, dass gerade ein Arbeiten im akademischen Umfeld in Deutschland nicht so einfach ist. Einige sind religiös geworden. Was tun sie? Sie ziehen nach Berlin oder ins Ausland. Dorthin, wo die Infrastruktur besser ist und man nicht ständig alles erklären muss.
Auch die Nichtakademiker sind längst in der Berufswelt angekommen und machen ihren Weg. Ich würde behaupten, sie haben sich fast in Schallgeschwindigkeit in die Gesellschaft eingegliedert.
Das sind Faktoren, die hier nicht berücksichtigt wurden, aber wichtig sind für die Entwicklung der Gemeinden. Wer gut ausgebildet ist, emanzipiert sich schnell von Strukturen, wie man sie in Gemeinden findet. Auch hierdurch haben wir einige Leute verloren. Es ist keinesfalls so, als wären hier nur schlecht integrierbare Senioren gestrandet. Sicher sollte das nicht durch den Text gesagt werden, aber man sollte auf jeden Fall den Eindruck vermeiden, dass es so sein könnte.
Vor nur einer Woche gab es ein Gespräch mit dem WDR über den Rückgang der Mitgliederzahlen der Jüdischen Gemeinden mit einem besonderen Blick auf Nordrhein-Westfalen. Nun gab es für die Sendung »Aus der Jüdischen Welt« von Deutschlandfunk Kultur ein Gespräch über den Rückgang mit einem Blick auf die Gesamtentwicklung in Deutschland.
Gibt es Grund für Optimismus? Was könnte/sollte man jetzt tun?
Interessanterweise hat der Sender das Interview mit »Kein Grund für sinnlosen Optimismus« betitelt und das trifft es eigentlich auch ganz gut.
Über was bloggen jüdische Blogger?
Antisemitismus, Schoah und Israel?
Natürlich nicht nur. Aber es gibt die Erwartungshaltung natürlich.
Der Deutschlandfunk hat mich dazu in einem Livegespräch am letzten Freitagmorgen (26. Oktober 2018) befragt.
Der Antwort entsprechend, wurde die schriftliche Fassung des Interviews übertitel mit »Es gibt eine gewisse Erwartungshaltung gegenüber jüdischen Personen, die in der Öffentlichkeit auftreten«.
Das Interview könnt Ihr hier nachlesen und nachhören – deutschlandfunk.de.
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