Das werdet Ihr nicht hören wollen und es wird Euch möglicherweise schockieren, aber ich schreibe es trotzdem auf: Friedrich Merz hat eine gute Rede gehalten.
Ja, richtig gelesen. Ausgerechnet er, unser Kanzler Merz, hat in München in der Synagoge Reichenbachstraße Worte gefunden, die nicht nur hohle Politikerluft waren, sondern etwas von der Wahrheit spüren ließen, von dieser deutschen, dieser jüdischen, dieser unmöglichen Wahrheit.
Er sprach von 1931 und verwendete ein Zitat aus dem »Jüdischen Echo«, in dem es hieß, die Synagoge zeuge vom »jüdischen Lebenswillen… selbst unter widrigsten Verhältnissen«. Und er nahm dieses Wort ernst, dieses widrig, und klebte es auch in unsere Gegenwart, in der es genauso widrig ist, Jude zu sein, auch wenn alle immer etwas anderes behaupten.
Und dann sagte er Geschenk. Ich spürte die Menschen um mich herum kurz innerlich zusammenzucken, diesen reflexhaften Schrecken: Jetzt ist er in die Falle getappt, jetzt nennt er das jüdische Leben ein Geschenk, dieses abgenutzte Klischee. Aber nein. Er meinte das Gebäude. Die Steine. Er meinte es konkret. Fast schon ein Wunder. Weil Rachel Salamander dafür gesorgt hat. Und er redete von Rachel Salamander, und man merkte ihm an, dass es ihm nicht egal war (er konnte kurz seine Stimme nicht kontrollieren). Sogar mir, dem Zyniker, fiel das auf.
Dann kam ein Teil, der nicht unwichtig war. Er sprach von Antisemitismus, der sich als Kunst tarnt: »Wir werden Antisemitismus auch im Gewand der vermeintlichen Freiheit der Kunst, der Kultur und der Wissenschaft nicht dulden.« Und da sind wir beim großen Pianisten Igor Levit, der den Anschein machte, etwas zu performativ und theatralisch ans Werk zu gehen.
Derselbe Levit, der jüdische Jugendliche auf der Jewrovision zurechtwies, weil sie die Kulturstaatsministerin ausbuhten, diese Claudia Roth, die in Kassel bei antisemitischer Kunst wegschaute. Der Zentralrat, unterschrieb Levit damals, vertrete partikularistische Interessen. »Nicht in unserem Namen« war der offene Brief überschrieben.
Merz also redete. Levit performte. Und die Frage ist, wie immer: Was kommt nach den Worten? Nichts? Alles? Das Übliche?
Die Rede gibt es bei YouTube. Man wird sie hassen oder heimlich gut finden. So ist das immer mit der Wahrheit. Sie passt nie richtig.
Danke an Raquel Erdtmann für das Bild von der Feier!