Das sind die wirklich großen Fragen! Einige Leserinnen und Leser wissen, dass ich derzeit eine Reihe von Büchlein zum Wochenabschnitt herausgebe. Mit Originaltext, Übersetzung, Transliteration, Kommentar und einigen anderen »Features«. Da die Auflage winzig ist, denn die Zielgruppe (jüdisch, interessiert am Wochenabschnitt, inhaltlich zugewandt) ist es auch, ist »print on demand« die beste Alternative. Hier bietet sich Amazon an, denn bei Amazon kann man Bücher mit einer »hebräischen Öffnung« drucken lassen. Zudem kann hier der Preis sehr niedrig gehalten werden – es geht bei dem Projekt nicht um den Gewinn, sondern darum, die Büchlein verfügbar zu machen. Jede und jeder soll sie sich leisten können. Na klar, ich könnte auch irgendeine Organisation um Geld bitten und bei abschlägigem Bescheid einen Artikel darüber schreiben, wie mich Organisation XY »silenced«, aber das führt uns zu weit weg vom eigentlichen Thema.

Erfreulicherweise gibt es bei Amazon einen Freigabeprozess, sodass niemand groben Unfug treiben kann – in der Theorie. Der scheint seit einiger Zeit recht sensibel zu sein. Ich vermute, er ist eine Mischung aus Automatismus und menschlicher Zuarbeit.

So erhielt ich für die Publikation von »Schemot«, also der ersten Paraschah des zweiten Buches Mosche eine Antwort, die sinngemäß lautete:

»Hallo. Ein Text in Ihrem Buch ist Public Domain. Sie müssen alle Beteiligten nennen, sonst kann das Buch nicht veröffentlicht werden. Antworten Sie auf diese Mail und reichen Sie die Angabe nach.« Die Prüfer scheinen sich entweder in einer anderen Zeitzone zu befinden, oder sie sind Nachteulen, denn die Nachricht wurde um 00:30 Uhr versendet. Also nahm ich an: OK. Die Zunz-Übersetzung, die ich in großen Teilen signifikant verändert habe, sollte vielleicht als solche markiert werden. Erneut zur Freigabe eingereicht und auf die Mail geantwortet. Die Antwort nach etwa 48 Stunden (wieder eine Nachteule):

»Hallo. Ein Text in Ihrem Buch ist Public Domain. Sie müssen alle Beteiligten nennen, sonst kann das Buch nicht veröffentlicht werden. Antworten Sie auf diese Mail und reichen Sie die Angabe nach.«

Aha. Da fehlten also noch Angaben. Alles geprüft und geantwortet, dass es mehr nicht gibt. Wieder eingereicht. Dann erreicht mich eine weitere Rückfrage (wieder sinngemäß): »Sie haben den oder die Übersetzer angegeben. Aber Sie müssen auch den Autor des Originaltextes nennen.« Amazon möchte also, dass ich eine Diskussion entscheide, die seit Jahrtausenden andauert: Wer hat die Torah geschrieben. Also antwortete ich auf die Mail: »G-tt?«. Die Tatsache, dass »Schemot« nun bei Amazon verfügbar ist, könnte bedeuten, dass sich ein Mensch mit der Antwort beschäftigt und eingesehen hat, oder, dass Angestellte von Amazon (hier »Vanessa«) die Diskussion entschieden haben. Ich weiß noch nicht, ob Ersteller christlicher Kommentare auf diese Frage einen Text von Julius Wellhausen einsenden müssen.

Aber die Geschichte endet hier nicht: Ich habe ein übersetztes und kommentiertes Büchlein mit dem Tischgebet hochgeladen. Die Mail traf auch bereits ein: »Ja, ja. Der Übersetzer wird genannt, aber WER hat den Originaltext geschrieben?« – … Mal schauen, was Amazon in diesem Fall entscheidet.

In Abwandlung von Eruwin 13b: »Da ertönte eine Hallstimme und sprach: Die Worte der einen und der anderen sind Worte des lebendigen G-ttes; jedoch ist die Halacha nach der Schule Amazons zu entscheiden.«

Der große, undurchschaubare, Organismus, der sich von Zeit zu Zeit per Mail meldet und sich zu den Menschen herablässt, hat ja auch etwas Metaphysisches.