Unbekannte Resolutionen
Auf Deutschlandfunk Kultur hat Max Paul Friedman, Professor für Geschichte und internationale Beziehungen an der American University in Washington D.C. am Dienstagmorgen Sendezeit erhalten, um ausführlich darüber zu sprechen. Die taz veröffentlicht (dokumentiert) einen offenen Brief und der befürchtet schlimme Dinge.
Andere Wortmeldungen sind ebenfalls in der Welt. Um was geht es? Es geht um die Antisemitismus-Resolution des Bundestages. Genauer gesagt, um den Antragsentwurf der Ampel-Parteien. Hervorragend. Lasst uns darüber streiten. Professor Friedman sagte in seinem Radiobeitrag: »Darüber hinaus sind energisches Argumentieren und Dissens sehr jüdisch.« Davon ausgehend, dass die meisten Hörerinnen und Hörer nichtjüdisch sind und das ist statistisch nicht von der Hand zu weisen, kann man annehmen, der Satz ist bei der Hörerschaft gut angekommen. Diese diskutierenden Juden. So hat man sie gern.
Das Problem: Der Textvorschlag ist nicht öffentlich. Es gibt einen der CDU/CSU-Fraktion auf den Seiten des Bundestages. Derjenige, der öffentlich behandelt wird, ist nicht öffentlich und offensichtlich nicht für alle Augen bestimmt. Worüber sprechen wir dann? Diejenigen, die den Text öffentlich diskutieren können sich wichtigmachen: Schaut! Wir haben ihn gelesen! Wir haben Zugang!
Was sich alle anderen Leserinnen und Leser klarmachen sollten: Jeder Satz über einen Text, der niemandem bekannt ist, ist reine Spekulation. Die deutsche Sprache kennt dafür das Wort »Geraune«. Und davon gibt es derzeit genug.
Läge ein Text vor, könnte man sich sicher gut darüber streiten.
Zu Prof. Friedmans Beitrag: Dass der Deutschlandfunk einen Juden aus den USA dafür einsetzt, um ein Thema zu kommentieren, das eigentlich die jüdische Community in Deutschland und das deutsche Parlament betrifft, ist ein hervorragendes Beispiel dafür, dass man der jüdischen Community in Deutschland offenbar nicht zutraut, dazu eine fundierte Meinung zu haben. Für jedes gewünschte Spektrum würde sich jemand finden. Der Umgang mit dem 7. Oktober bleibt eine Projektionsfläche.
Nicht ganz ohne Bezug zum 7. Oktober ist ein Ereignis in Salzburg.
Salzburg
Die Israelitische Kultusgemeinde (so heißen die Jüdischen Gemeinden im Süden des deutschsprachigen Raums ja meist) suchte ein Unternehmen für Reinigungsarbeiten. Wie der STANDARD berichtete, lehnte ein Unternehmen ab, das normalerweise für öffentliche Auftraggeber arbeitet. Für Unterstützer des Staates Israel möchte man nicht tätig sein (das ist die euphemistische Wiedergabe, das Original im Link zum STANDARD). Als das erstmal publik, folgte die übliche Entschuldigung: natürlich wüsste jeder der den Besitzer des Unternehmens kenne, dass der Firmeninhaber kein Antisemit sei. Die ablehnende Mail sei eine »Kurzschlussreaktion« gewesen. Unerfreulich und ein Vorfall von vielen seit dem 7. Oktober.
Eine interessante Nebeninformation, die man nicht überlesen sollte, enthielt der Text dann aber zusätzlich: Der »Präsident« der Israelitischen Kultusgemeinde Salzburg, ist zugleich auch Präsident der Kultusgemeinde in Graz. Das sind etwas mehr als drei Autostunden Entfernung. Die beiden Städte liegen auf der jeweils anderen Seite des Landes. Aber ist das alles? Der Präsident hat auch die »Gründung, Planung und Realisierung« der Synagoge Ljubljana, in Österreich noch immer Laibach genannt, durchgeführt. Das führt zu interessanten Synergieeffekten, die Websites der Gemeinden Salzburg und Ljubljana haben das gleiche Layout und der einführende Text ist sehr ähnlich. Interessant, dass man zum Vorstand zweier Gemeinden gewählt werden kann. So mancher in Deutschland wird eventuell denken: Tu Felix Austria. Andere werden sich vielleicht einfach wundern.