Geht es hier um Essen? Um Kaschrut? Nein. In diesem Beitrag geht es um die Ukraine und die Sozialen Medien.

In Zeiten des Krieges schauen Jüdinnen und Juden auch auf die jüdische Community in der Ukraine. Was bewegt die ukrainischen Jüdinnen und Juden? Wie gelingt die Transformation einer Community, die größtenteils in russischer Sprache kommuniziert hat, in eine, die nun mehr Wert auf die ukrainische Sprache legt? Wer ist der Rabbiner, der den Titel des Oberrabbiners der Ukraine tragen darf? Rabbi Jaakov Bleich oder Rabbi Mosche Azman?
Themen gibt es genug und es gibt auch ausreichend Bedarf, Jüdinnen und Juden vor Ort zu unterstützen.

Da böte sich doch der Instagram-Account kosher_style_ an. 20.000 Follower! Professionelle Selfies, Beiträge zu Jiddisch, zu Hebräisch, bekannte Jüdinnen und Juden der Ukraine. Schabbatkerzen, Torahausgaben. Alles dabei. Kommende Influencer können hier viel lernen.

Kosher Style

Das kann so ausschauen:

](https://www.instagram.com/p/Ck0kQNwqSbO/?utm_source=ig_web_copy_link&igshid=MzRlODBiNWFlZA==)

Instagram Post mit der »Zentralen Synagoge« von Kiew im Hintergrund

Oder so:

](https://www.instagram.com/p/CsqwsVxKGCR/?utm_source=ig_web_copy_link&igshid=MzRlODBiNWFlZA==)

Eine russische Torahausgabe in der Hand und ein langer Text über Schawu’ot

Alles perfekt aufbereitet. Die Follower liken fleißig.
Aber es ist fast zu perfekt, um wahr zu sein. Hinter der perfekten jüdischen Fassade steckt kein Kiruv oder Outreach-Programm für Tzniut, wie man vielleicht meinen könnte, sondern Outreach für eine evangelikale Organisation. Inna, die Dame hinter dem Handle kosher_style_ ist eine Mitarbeiterin von Radio M und das gehört zur »Far East Broadcasting (FEBC)«. Sie hat auch schon Gebetskreise geleitet (siehe hier) und im Programm von Radio M geht es natürlich auch um Mission. Deren Aufgabe beschreibt die FEBC so: »FEBC leadership around the world are passionate about reaching people with the life-changing message of Jesus Christ.«

In der »Bio« von kosher_style_ steht tatsächlich: »амбасадор @jewishculture.kjmc« also Botschafterin von jewishculture.kjmc. Das klingt zunächst unverfänglich. Cool. Ein jüdisches Kulturzentrum. Auch in diesem Profil: Viele Bilder zu jüdischen Themen. Ein paar Personen. Und dann: Moment! Was hat Slavoj Žižek damit zu tun? Gar nichts. Der Mann, der aussieht (zumindest auf den ersten Blick) wie Slavoj Žižek, ist Борис Грисенко Boris Grisenko, der sich als раввин – Rabbiner von #КЕМО bezeichnet. Er ist »messianischer Pfarrer«. Und KEMO ist die Abkürzung für Київська Єврейська Месіанська Громада – Jüdische Messianische Gemeinde Kiew.

In schwierigen Zeiten machen natürlich Missionare keine Pause. Sie wissen, dass jetzt die Zeit ist, an Menschen zu kommen, die auf der Suche nach Halt sind. Für jüdische Follower gilt also: Reingefallen!
Zudem zeigt sich erneut: Radikale Medienkompetenz ist gefragt! Jede Interaktion mit dem Profil (jedes Like) wird dafür sorgen, dass Innas Profil auch anderen jüdischen Nutzern angezeigt wird.
Man könnte erkennen, dass hier jemand aus dem evangelikalen Umfeld unterwegs ist, man müsste aber einigen Links folgen und hinterfragen, wer dahintersteckt. Wie beschrieben: Jüdisches Kulturzentrum klingt zunächst einmal unverfänglich. Dafür ist jedoch in den Sozialen Medien oft keine Zeit. Öffnen, liken, weiterstreichen, wieder liken, weiterstreichen. So baut man, unwissentlich, Player auf, die nicht das sind, was sie zu sein scheinen.
Welcher der Masterplan hinter dem Profil steckt, wäre interessant zu erfahren.
Ein authentischer Einblick in die jüdische Community der Ukraine ist es nicht.

Bevor jemand den Einwand erhebt: Vielleicht ist sie Jüdin und ist umgekehrt? Diese Seite aus dem Juni stammt von KEMO. Dort trat sie auf und ist dort aktiv.