Wer kennt es nicht? In Har Brachah falsch abgebogen und schon steht man in der Innenstadt von Nablus. Dumm, wenn auf dem Heck des Mietwagens ein Israel-Aufkleber angebracht ist. So geisterte Mitte März (2023) eine Meldung durch die Medien, die ungefähr so lautete, wie es sich bei der ZEIT liest:

In Nablus haben Palästinenser ein Auto mit israelischem Kennzeichen attackiert, gefahren von deutschen Urlaubern.

Zeit online, Palästinenser greifen Auto mit zwei deutschen Touristen an

Am 19. März veröffentlichte der israelische Sender kann (כאן חדשות) dann ein Interview mit einem der beiden betroffenen Personen, siehe hier.
Auf den ersten Blick ist das Interview etwas seltsam, denn der Betroffene argumentiert etwas ungelenk, dass er angegriffen wurde, OBWOHL er kein Jude sei. Weiter gedacht könnte das bedeuten: Es war also ungerechtfertigt, weil ich ja gar kein Jude bin. Was das für Jüdinnen und Juden bedeutet, dürfte klar sein.

Das Interview nennt jedoch auch den Namen des »Touristen« und siehe da, der »Tourist« (Urlauber) ist kein unbedarfter Tourist auf Reise durchs »Heilige Land«, sondern möglicherweise auch ein Aktivist, der schon etwas länger im Land Israel unterwegs ist. Es gibt ein Video, dass ihn in Ostjerusalem zeigt. Er geht im T-Shirt der Organisation »Im Tirtzu« auf das Scha’ar Ha’arajot (Löwentor) in Jerusalem zu (im arabischen Teil der Stadt). Sein Facebook-Profil zeigt Bilder und Beiträge aus Israel für August und September 2022. Einige Beiträge sind anscheinend nicht mehr sichtbar. Er ist Gründer der Deutsch-Israelischen Gesellschaft (DIG) Passau, was dann wiederum ein schiefes Licht auf diese lokale Gesellschaft werfen könnte – nicht auf die DIG generell.
Die Meldung, es handele sich um einen Touristen, könnte also irreführend sein. Es waren anscheinend Ortskenntnisse vorhanden und auch gute Kontakte im Land – insbesondere über Im Tirtzu. Er ist kein »Beobachter«, wie das Touristen normalerweise so sind, sondern vielleicht selber Akteur. Das unvorsichtige Handeln hätte möglicherweise ein Eingreifen der israelischen Armee erforderlich machen können – mit Gefahr für Leib und Leben der entsprechenden Soldaten.

Disclaimer
Traurig, dass man das extra schreiben muss: Gewalt ist natürlich keine Lösung, um eine »Meinung« auszudrücken oder ein Ziel zu erreichen, aber es dürfte allgemein bekannt sein, wie groß die Spannungen derzeit sind. Dass nicht alle Beteiligten unbedingt rational reagieren, ist ebenfalls bekannt.