Netflix hat erneut eine Serie mit jüdischem Inhalt in sein Angebot aufgenommen. Dieses Mal ist der Rahmen jedoch komplett anders als das, was wir so gewohnt sind. Nicht New York, nicht Jerusalem und aschkenzentristische Sichtweise. Dieses Mal schauen wir als Zuschauer nach Istanbul. Genauer gesagt, wir schauen auf das Istanbul der 60er Jahre. Ähnlich wie bei Primes »The Marvelous Mrs. Maisel« (spielt 1958), erleben wir also auch den Style der späten 50er und der beginnenden 60er Jahre. In dieser Hinsicht gab es wohl schlimmere Epochen.

Die Figuren Mordo und Raşel (Alle Rechte am Bild: Netflix)

Gleich die erste Szene macht klar, dass die Serie keine ethnografische Betrachtung wird, sondern ein Drama: Wir sehen eine Szene auf dem Dach eines Hauses. Eine Frau richtet eine Waffe auf einen Mann und drückt ab.

Siebzehn Jahre später wird Matilda Aseo (gespielt von Gökçe Bahadir) im Rahmen einer Generalamnestie durch die türkische Regierung aus dem Gefängnis entlassen (interessant, wie wenig historisches Wissen über die Türkei man so als Durchschnittsmensch hat). Wir erfahren, dass sie wegen Mordes zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt wurde und ihr erster Weg führt sie zu David (Murat Garibagaoglu), den Leiter eines örtlichen jüdischen Gemeindezentrums für Frauen. Das ist übrigens die erste Begegnung mit einer Welt, die dem mitteleuropäischen jüdischen Zuschauer nicht unbedingt bekannt ist. Denn hier wird Ladino gesprochen. Einige sprechen ausschließlich Ladino miteinander, andere ein Gemisch aus Türkisch (oder der aktivierten Synchronsprache) und Ladino. Matilda will nach Israel gehen und im Verlauf des Gesprächs lernen wir, dass ihre Tochter Raşel (Asude Kalebek) in einem Waisenhaus aufwachsen musste. David möchte die beiden zusammenbringen, doch Matilda zögert, ja zerreißt sogar ein Foto von Raşel ohne es zu betrachten. Nach einem Szenenwechsel lernen wir dann auch Raşel kennen, während sie sich um den Taxifahrer Ismet (Baris Arduç) bemüht. Mit seinem Vater Ali Seker (Istar Gökseven) hat der offenbar ein schwieriges Verhältnis. Auf dieser Grundlage entfaltet sich die Geschichte in sechs Folgen – es soll ja hier nicht gespoilert werden und es geht (natürlich) um einen »Club«.

Bei der, bereits genannten, Mrs. Maisel wurde oft bemängelt, dass es in Details an Genauigkeit und Sorgfalt fehlte. Eine Melodie aus der Synagoge sei erst später aufgekommen, ihr Fleisch kaufte sie sicher nicht bei irgendeinem Metzger etc. Wir kennen das auch von deutschen Produktionen – manchmal sind gewisse Zutaten einfach zu großzügig verwendet worden. Bei »Kulüp« scheint man etwas genauer gearbeitet zu haben. Die jüdischen Figuren sind nicht überzeichnet oder einseitig. Kleine Details, wie das beiläufige Küssen der Mesusah, oder Szenen von einem Schabbatessen stimmen einfach. Bei der Geschichte und der dramaturgischen Zeichnung der Protagonisten muss man jedoch Einschränkungen machen. Sie folgen natürlich den Gesetzen einer dramatischen Serie und sind deshalb zuweilen nicht so fein gearbeitet.
Definitiv ist die Serie eine Bereicherung und bietet Einblicke, die wir sonst nicht haben. Interessant, wie die Serie bei der nichtjüdischen Community mit türkischen Wurzeln ankommt.

Die Serie ist mit deutscher Synchronisation oder im türkischen Original (mit Untertiteln, wenn gewünscht) verfügbar.