Nicht nur in Deutschland geht die Zahl der angemeldeten Gemeindemitglieder zurück. Auch in der Schweiz kämpfen einige Gemeinden mit einem Rückgang der Mitgliederzahlen. Das bedeutet natürlich, ähnlich wie in Deutschland, eine Gefahr für die vorhandene Infrastruktur. Diese kann nur mit einer bestimmten Anzahl von Mitgliedern aufrecht erhalten werden. 2017 schon hat hat die »Israelitische Gemeinde Basel« einen Image-Film veröffentlicht und für die Gemeinde regelrecht geworben. Das ist etwas, was wir aus Deutschland nicht kennen: Die Gemeinde kommt auf Jüdinnen und Juden zu und bemüht sich um neue Mitglieder. Basel schaute auch auf diejenigen, die noch nicht in der Stadt lebten und warb auch mit Hilfe bei der Job- und Wohnungssuche.

Mit Luzern tritt nun die nächste Gemeinde der Schweiz auf den Plan und wendet sich insbesondere an Jüdinnen und Juden aus Deutschland. In der Jüdischen Allgemeinen vom 11. Februar 2021 war nämlich folgende Anzeige geschaltet:

Gesucht werden ausdrücklich observante (hier »religiöse«) Familien, die Schomer Schabbat sind oder werden wollen, eine Berufsausbildung haben und bei denen jemand eine europäische Staatsbürgerschaft hat. Dafür hilft die Gemeine bei der Arbeitsvermittlung, bei der Wohnungssuche und stellt, bei Bedarf, eine kleine finanzielle Starthilfe zur Verfügung. Da es in Luzern keine jüdischen Schulen gibt, übernimmt die Gemeinde den Bustransport nach Zürich. Und Zürich könnte hier das Zauberwort sein: Luzern ist etwa 50 Kilometer von Zürich entfernt, mit dem Zug fährt man etwa 40 Minuten. Zürich ist teurer als Luzern und so bietet sich Luzern als etwas ruhigerer und günstigerer (also für die Verhältnisse der Schweiz) an.

Die Interessenten dürfte eine »kleine« Gemeinde erwarten, die aus etwa 40 Familien besteht, sogar eine kleine Jeschiwah mit 15 Schülern betreibt, eine Mikweh und sogar koschere Ferienwohnungen. Eine ambitionierte Gemeinde also, die nun auch schaut, wie sie weitere Gemeindemitglieder gewinnt. Natürlich liegt da die Frage nahe, wann die erste Gemeinde in Deutschland nachzieht. Wäre das denkbar?

Funktioniert das? Reaktionen

Die Gemeinde berichtete mir, dass sich ein paar Interessenten tatsächlich mit Bezug auf die Anzeige gemeldet haben. Es wären aber durchaus noch Ressourcen für weitere Anfragen vorhanden. Interessant wäre es, die Entwicklung im Februar 2022 erneut zu betrachten. Wieviele observante Familien auf der Suche nach einer neuen Umgebung sind, dürfte die Schlüsselfrage sein. Momentan scheint es die meisten Familien nach Berlin zu ziehen. Natürlich steigen auch dort die Lebenshaltungskosten, weil eben viele Menschen nach Berlin wollen. Die Schweiz gilt vielen Deutschen als teuer und tatsächlich sind die Lebenshaltungskosten dort nicht gerade niedrig. Beobachten wir also die Entwicklung in Luzern nach der Anzeige und erfahren dann, ob diese Art, auf potentielle Mitglieder zuzugehen, funktioniert.