Ratsentscheidung gegen Antisemitismus

Natürlich ist jeder irgendwie gegen Antisemitismus. Selten begegnet man jemandem, der sagt, er würde einen gepflegten Antisemitismus schon schätzen. Vielmehr würde man auf jemanden treffen, der Sachen sagt, wie »Den Antisemitismus haben die Juden erfunden um die Menschen zu kontrollieren.« Aber das ist natürlich nur hypothetisch.
Nach einigen Vorfällen in Gelsenkirchen, hat nun die Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit (Gelsenkirchen) eine »Erklärung zum Antisemitismus« geschrieben, die von der Stadt Gelsenkirchen unterstützt werden sollte. Das war ein Tagesordnungspunkt der Ratssitzung vom 11. Juli 2019.
Die Erklärung (hier zu finden) ist sehr allgemein gehalten und mündet in keinerlei Aktion. Deshalb wirkt es wie ein Kommentar, wenn unter der Vorlage steht: »Finanzielle Belastungen: keine«. So heißt es etwa:

Wir stellen klar: Wer Jüdinnen und Juden und jüdisches Leben in Deutschland – in welcher Form auch immer – angreift, der greift die Grundlagen unserer Gesellschaft an, der tritt die Menschenwürde und Grundrechte aller mit Füßen.

Beschlussvorlage 14-20/7492

So weit, so harmlos.

Die Ratsfraktion der Partei »DIE LINKE « in der Stadt, will das nicht so allgemein stehenlassen und den Beschluss um folgenden Satz ergänzen:

Der Rat bekräftigt zugleich, dass sachbezogene Kritik an der israelischen Regierung oder ihrer Politik weiterhin zulässig und möglich sein muss und nicht per se als antisemitisch abgestempelt werden darf.

War denjenigen, die diese kleine Vorlage formuliert haben, eigentlich klar, dass schon die Behauptung, man dürfe den Staat Israel oder seine Regierung, nicht kritisieren, schon ein winzig kleiner Antisemitismus ist?
Was sagt das über den Antragsteller, wenn man bei diesem Thema sich nicht einmal auf den kleinsten gemeinsamen Nenner einigen kann und sofort sicherstellen will, dass man den Staat Israel weiterhin kritisieren darf, so wie man das auch regelmäßig mit Russland, Finnland oder Brasilien tut – ach so, stimmt, das macht man ja nicht. Also Gratulation! So sieht entschlossenes Handeln aus… nicht.

Ein paar Sätze aus dem vergangenen Jahr zu Gelsenkirchen findet man hier. Im Juni hat es ein Vorfall in die Lokalzeitung geschafft, weil es ein Gymnasium nicht geschafft hat, irgendeine Haltung zu antisemitischen Beleidigungen zu finden (siehe hier).

Nachtrag: Die »Entscheidung« zur Erklärung fiel einstimmig aus. Die Fraktion der Linken enthielt sich – ebenso drei Ratsmitglieder, die früher bei »Pro Deutschland« waren.

Von Chajm

Chajm Guski ist nicht nur Autor dieses Blogs und Bewohner des Ruhrgebiets, sondern auch Herausgeber von talmud.de und Organisator des Minchah-Schiurs im Ruhrgebiet. Einige seiner Artikel gibt es nicht nur im Internet, sondern beispielsweise auch in der Jüdischen Allgemeinen. Über die Kontaktseite kann man Chajm eine Nachricht senden. Man kann/soll Chajm auch bei twitter folgen: @chajmke. Chajms Buch »Badatz!« 44 Geschichten, 44 zu tiefe Einblicke in den jüdischen Alltag, gibt es im Buchhandel und bei amazon. Sein Buch »Tzipporim: Judentum und Social Media« behandelt den jüdischen Umgang mit den sozialen Medien. || Um per Mail über neue Beiträge informiert zu werden, bitte hier klicken

4 Kommentare

  1. Naja,

    ich könnte jetzt hypothetische Vermutungen anstellen warum eine SED Nachfolgepartei (meine ganz persönliche Sicht auf “die Linke”) mit PLO nahen Statements leicht tut. Ob das mit den stehts guten Beziehungen von früher herrührt, zwischen SED und PLO?

    Aber ich denke der von Charles erwähnte beschränkte geistige Horizont genügt als Begründung.

    …Auch wenn man sich selbst als Rechtsnachfolge sieht [die Welt 24.09.2009]

    Vielleicht könnte man den Herrschaften ja das Prinzip der “Freien-Meinungsäußerung” in Rechtsstaaten erklären, da gibt’s vielleicht noch Nachholbedarf, kennt man ja von früher nicht 😉
    –>Nur Spaß und Stichelei

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert