Königin Schabbat mit einer Torah im Arm von Moses Ephraim Lilien - auch sie war ein kleiner Skandal.

Ein Nacktmodel posiert auf einem Plastikstuhl. Die Haltung auf dem Plastikstuhl sieht recht unbequem aus. Im Hintergrund, so schräg unten, sieht man die Westmauer und den Platz davor (und einen Baukran). Man hat fast den Eindruck, als seien die Bilder auf dem Dach der Einrichtungen von Aish haTorah gemacht worden, oder natürlich einem Haus dahinter. Davon gehe ich einfach mal aus. Das ist auch schon alles. Dennoch wird hartnäckig versucht, das zu skandalisieren - vor allem in den sozialen Medien. Häufig begegnet mir die Formulierung: »Wenn man das mit den heiligen Stätten des Islams gemacht hätte…«. Da steckt auch ein wenig Neid dahinter: »Seht her, mit denen traut sich das niemand zu machen - aber mit uns…«. Man unterstellt also eine unentspannte Haltung, weil man selber gerne unbequem unentspannt wäre. Übrigens hat die Dame anscheinend auf einem anderen Bild auch so posiert, dass man die Al-Aksa Moschee sehen kann. Aber egal. Letztendlich zeigen die Bilder aber nur eine nackte Frau mit Orten im Hintergrund. Seit wann haben wir so ein unentspanntes, ja katholisches, Verhältnis zur Körperlichkeit? Niemand hat jemanden gezwungen hinzusehen. Man hat die Bilder nicht auf dem Vorplatz der Westmauer gemacht, auch nicht in einer Synagoge. Ist es kein Sakrileg? Ein Sakrileg wäre es, in Europa die Beschneidung verbieten zu wollen, dem Menschen kein Respekt mehr entgegen zu bringen (immerhin wurde er ja nach dem Bilde G-ttes erschaffen) oder leichtfertig Menschenleben aufs Spiel zu setzen. Vielleicht wäre es sogar ein Sakrileg, sich auf dem Platz vor der Westmauer mit Plastikstühlen zu bewerfen. Aber die Westmauer im Hintergrund zu haben?

Tefillin

1982 erschien in der Literaturzeitschrift »Iton 77« das Gedicht Tefillin der Schriftstellerin Jona Wallach. Aus heutiger Sicht Expertin für Erotik und Blasphemie. Illustriert wurde der Text mit dem Foto eines Mannes, der nur Tefillin trug (und Jona Wallach), also nur und ausschließlich die. Das Gedicht hatte es aber auch in sich und der anschließende Skandal war »saftik«. Wegen der Bilder und wegens des Textes. Der erzählte aus der Sicht einer Frau, man kann es raten, wie Tefillin in sexuelle Handlungen eingebunden werden. Auch nichtreligiöse Israelis empfanden die Verwendung von Tefillin in einem sexuellen Kontext als etwas zu heftig. Auch eine spätere Ausstellung mit den Bildern konnte nicht zustande kommen. DAS war ein Skandal. Hier ging es um die religiösen Gefühle von Menschen und es ging hitzig zur Sache. Was wäre ein solcher Skandal in Zeiten von Facebook! Aber auch hier gilt: Man muss es nicht gut finden, man wird nicht dazu gezwungen, es sich anzuschauen, oder zu lesen. Aber man wird irgendwie dazu gezwungen, Position zu beziehen. Das ist Kunst.

Auch oben gezeigte Königin Schabbat war ein kleiner Skandal, obwohl sie nur das zeigt, was ansonsten gesagt wird: Königin Schabbat, die sich mit dem Volk Israel vereinigt.

Und die Westmauer als Hintergrund für eine Nacktaufnahme? Das ist gar nichts. Der Talmud erwähnt Geschlechtsverkehr und Torah (Jewamot 92a) in einem Satz und hier werden Halsschlagadern dick wie Gartenschläuche, wenn sich eine Frau so fotografieren lässt, dass man sie und die Westmauer im Hintergrund sieht?

Wer sich unbekleidete Damen nicht anschauen will oder darf, sollte nicht hinsehen oder auf den entsprechenden Artikel bei facebook klicken, schließlich wird er (oder sie) auch nicht dazu gezwungen. Der Skandal ist einfach keiner. Die Aktion war möglicherweise als Provokation gedacht, aber man darf ruhig ein wenig selbstbewusster sein und darüber hinweggehen.

Übrigens erscheint auch hier der Name des Models nicht, ist ja keine Werbeveranstaltung.