Von Schabbat zu Schabbat mit der CDU

Irgendwie scheint ein gewisser Aktionismus ausgebrochen zu sein.

Denn jetzt ist (mal wieder) die Zeit der »Zeichen« gekommen. Solidarisierungsaktionen mit der »jüdischen Gemeinschaft« oder den »jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern« werden ausgerufen. Es ändert zwar nichts am Antisemitismus, aber man hat etwas gemacht und kann das von der Liste streichen.

Die CDU hat nun die Aktion »Von Schabbat zu Schabbat« ausgerufen:

Die CDU Deutschlands lädt ein zur Ak­tionswoche „Von Schabbat zu Schabbat“ – eine Aktionswoche für die Zugehörigkeit jüdischen Lebens in Deutschland und gegen Antisemitismus. Dabei werden Mitglieder des CDU-Bundesvorstandes Orte jüdischen Lebens besuchen. Sie werden auf jüdische Kultur in Deutschland aufmerksam machen, auf jüdische Feste und Traditionen. Von Schabbat zu Schabbat. Überall in unserem Land.
von hier

Auf der Seite der Aktion sieht eine kleine Bildergalerie dazu.
Sieben Bilder.
Ein Bild ist ein Link auf ein YouTube-Video mit Bundeskanzlerin Angela Merkel. Sie sagt, dass Antisemitismus eine starke Antwort des Staates erfordert. Ja, wäre schön.

Sie nennt die Woche, eine »Aktionswoche für die Zugehörigkeit jüdischen Lebens in Deutschland und gegen Antisemitismus«. Klingt für mich, wie die Feststellung von etwas, was eigentlich offensichtlich sein sollte. Jedenfalls ist noch keiner auf die Idee gekommen, eine Aktionswoche für das Oktoberfest zu veranstalten. Einfach, um zu unterstreichen, dass auch das zu Bayern und zu Deutschland gehört.

Drei Bilder zeigen Volker Bouffier in der Jüdischen Gemeinde Frankfurt und drei dokumentieren den Besuch der »Alten Synagoge Steinsfurt«, keinem Ort mit einer aktiven jüdischen Gemeinde. Das war ein Ort jüdischen Lebens. Der Besuch zeigt aber, wie jüdisches Leben in der Öffentlichkeit häufig wahrgenommen wird.

War es das? Politiker schütteln Hände?

Sind wir fair: Über die Staatsverträge wird jüdisches Leben finanziert und Sicherheitsstrukturen mitfinanziert. Sicherheitsstrukturen die man nicht bräuchte, wenn wir kein Problem mit Antisemitismus hätten.
Jüdisches Leben kann gut ausgestattet sein, wenn es aber nur in gut gesicherten Gemeindehäusern und sicheren Privatwohnungen stattfinden kann und man »draußen« nicht sicher ist, dann ist das kein gutes und offenes jüdisches Leben. Das kann man nicht kaufen. Das gibt es nur, wenn die gesellschaftlichen Voraussetzungen dafür stimmen.

Wenn auf der anderen Seite Jüdinnen und Juden weiterhin nur »Mit-Bürger« sind und keine Bürger, dann haben wir ein tiefgreifenderes Problem.

Von Chajm

Chajm ist nicht nur Autor dieses Blogs und Bewohner des Ruhrgebiets, sondern auch Herausgeber von talmud.de und Organisator des Minchah-Schiurs im Ruhrgebiet. Einige seiner Artikel gibt es nicht nur im Internet, sondern beispielsweise auch in der Jüdischen Allgemeinen. Über die Kontaktseite kann man Chajm eine Nachricht senden. Man kann/soll Chajm auch bei twitter folgen: @chajmke. Chajms Buch »Badatz!« 44 Geschichten, 44 zu tiefe Einblicke in den jüdischen Alltag, gibt es im Buchhandel und bei amazon. Sein Buch »Tzipporim: Judentum und Social Media« behandelt den jüdischen Umgang mit den sozialen Medien. || Um per Mail über neue Beiträge informiert zu werden, bitte hier klicken

2 Kommentare

  1. So ist es, Aktionismus, um ein paar schöne Bilder zu produzieren und
    um nicht tiefgreifender agieren zu müssen. Lippenbekenntnisse gehen leicht,
    Taten die aber wirklich einmal etwas bewirken und ein langfristigen, konsequentes
    Ziel vor Augen haben, also davor scheinen sich mittlerweile alle zu scheuen.
    Kein Bereich, kein Problem das einmal ernsthaft angegangen wird.

  2. Stimmt, es ist reiner Aktionismus, gleichwohl: Als ich neulich mal wieder in Israel war, kam eben dieser Aktionismus bei nicht wenigen Israelis eigentlich recht gut an. Also, auch wenn es nur ein Tropfen auf den heissen Stein gewesen ist, weiter so!

    Shalom
    Miles

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