Juden in der Hölle - aus dem »Hortus Deliciarum« (12. Jahrhundert)

Das Ritual ist immer gleich: Irgendwo im Westjordanland grinst ein Soldat der Zahal jemanden schief an oder irgendjemand findet Jerusalem gäbe eine tolle Hauptstadt ab. Dann skandiert die Hamas, man werde die »Tore der Hölle öffnen« oder zur vollständigen Vernichtung Israels ausholen. Die »Tore der Hölle« werden seit den 2000er Jahren fast nur außerhalb Israels geöffnet. Es werden Juden verletzt gejagt, jüdische Einrichtungen beschädigt und es wird natürlich martialisch demonstriert. Das gehört zum Ritual. Zum Ritual gehört auch die Beschwichtigung durch die Politik. Man stünde gegen Antisemitismus ein. Zeitungen zeigen Prominente unter dem Aufruf »nie wieder« - es kostet ja nahezu nichts, sich da anzuschließen. Es erfordert auch keinen besonders großen Mut, das auf eine Zeitung zu schreiben. Dennoch applaudiert man, wenn jemand, der den Staat Israel auf seinem Profilbild bei Twitter ausgelöscht hat, einen Preis bekommt. Man sichert aber gerne zu, dass Antisemitismus »uns alle« trifft, was nicht stimmt und auch noch nie Konsequenzen hatte. Im Westjordanland geht der Soldat weiterhin seiner Tätigkeit nach, die Hamas muss sich zwischendurch auch mit so banalen Themen wie Müllentsorgung und Verkehr herumschlagen - Demonstrationen wären da natürlich spannender.

Währenddessen läuft in Deutschland das, was man eine »Diskussion« nennt: Ein Jude der die Wärme des Scheinwerfers schätzt sagt, alles ist ganz furchtbar und bedankt sich bei »Merkel« für »noch mehr« Muslime, Flüchtlinge, Zuwanderer oder einfach »Fremde«. Ein anderer Jude, der dem Scheinwerferlicht ebenfalls etwas abgewinnen kann, wird behaupten, die Vorfälle seien nicht so schlimm. Wenn überhaupt, dann richte der Zorn der Menschen sich gegen den Staat Israel. Der sei ja auch irgendwie nicht so super. Generell müsste man mehr Verständnis für die Ängste der Menschen haben und auch mal diskutieren, warum sich Menschen ausgegrenzt fühlen.

Die Haltung aller anderen schafft es leider nicht ins Scheinwerferlicht. Mit einer differenzierten Haltung appelliert man unnötig an die Fähigkeit zur Empathie und regt an, mitzudenken.

Warum läuft das so reibungslos? Weil die Rollen festgelegt sind und die Haltungen ebenfalls. Sie sind ja unabhängig von einem speziellen Grund.

Spannend wird es nun durch die Änderung des Rituals. Es wird nämlich einen »Antisemitismusbeauftragten« geben. Daran arbeitet die wir-sind-alle-gemeint-Politik derzeit und dann ist nicht mehr die Gesellschaft zuständig, sondern der Antisemitismusbeauftragte. Oder Schlußstrich-Beauftragte, je nachdem, welche Sicht man auf die Dinge hat. Der wird die Beschwerden entgegennehmen und warme Worte dazu finden. In Zukunft kann man dann sagen: Wir haben doch schon einen Antisemitismusbeauftragten?!

Wie die »Community« darauf reagiert, das kann ich schon jetzt prognostizieren: Eine Gruppe wird die nominierte Person feiern und grenzenlose Hoffnungen mit der Person verbinden. Eine andere wird sagen »Ja, wir wollten einen, aber doch nicht den. Der ist nicht der richtige Kandidat. Und überhaupt, wer saß denn in der Kommission um den Typen zu finden?« Es ist ja auch kaum davon auszugehen, dass man jemanden bestimmt, der einem durch zu viel Lärm ständig auf den Zeiger geht. Im Westjordanland werden die Leute weiter ihren Geschäften nachgehen. Die Tore der Hölle in Europa bleiben geöffnet und zwischendurch kommt mal jemand hindurch. Dokumentiert durch den »Antisemitismusbeauftragten«.