Religion ist Privatsache! (?)

Wollen Menschen mit Tätowierung darauf angesprochen werden?
Die einhellige Meinung scheint »Nein« zu sein.
Das mag zutreffen, wenn jemand irgendein chinesisches Schriftzeichen irgendwo hat, oder einen hebräischen Satz oder ein hebräisches Wort. Hier kommt es übrigens überdurchschnittlich oft zu Problemen. Besonders peinlich es dann, wenn der Tätowierte sich zwischen vielen Menschen tummelt, die des Hebräischen mächtig sind. So wir kürzlich in einem Schwimmbad: Wenige deutsche Touristen hatten sich hierhin verlaufen. Die größte Gruppe der der Besucher des subtropischen Badeparadieses waren Israelis. Aus Deutschland angereist ist jemand, der »Jesus« toll findet. Er hat eine hebräische Tätowierung: »Jeschua haMelech« – »Jesus der König«. Meinte er. Tatsächlich hat der Tätowierer wohl zwei Buchstaben vertauscht und nun stecht auf dem Oberarm unseres Freundes »Jeschua haLemech« – »Jesus der Narr«. Die übrigen Gäste lächelten nur huldvoll.

Kommen wir zu einer anderen Person mit Tätowierung. Manchmal muss man jemanden auf seine Tätowierung(en) ansprechen – etwa um eine unangenehme Kommunikationspause zu überbrücken:
»Dieses Bild des Gekreuzigten ist ja opulent. Das scheint Ihnen etwas zu bedeuten?«
»Sorry – Religion ist Privatsache und darüber möchte ich nicht sprechen.«
»Ah ja. Sorry. Verstehe. Tut mir leid. Da möchte ich natürlich auch nicht nachbohren. Sonst hätte ich noch nach dem Schriftzug im Nacken gefragt. Den kann ich nicht entziffern.«
»Ach so. Das. Das heißt Stefan. Aber in Spiegelschrift.«
»Ok. Verstehe. Gut.«
»In Spiegelschrift, weil Stefan das dann bei uns lesen kann. Wir haben einen Spiegel über dem Bett und wenn ich auf ihm liege, kann er seinen Namen auf mir lesen.«
»Sagten Sie gerade, Religion sei Privatsache?«
»Ja genau. Wieso?«
» – «

Von Chajm

Chajm Guski ist nicht nur Autor dieses Blogs und Bewohner des Ruhrgebiets, sondern auch Herausgeber von talmud.de und Organisator des Minchah-Schiurs im Ruhrgebiet. Einige seiner Artikel gibt es nicht nur im Internet, sondern beispielsweise auch in der Jüdischen Allgemeinen. Über die Kontaktseite kann man Chajm eine Nachricht senden. Man kann/soll Chajm auch bei twitter folgen: @chajmke. Chajms Buch »Badatz!« 44 Geschichten, 44 zu tiefe Einblicke in den jüdischen Alltag, gibt es im Buchhandel und bei amazon. Sein Buch »Tzipporim: Judentum und Social Media« behandelt den jüdischen Umgang mit den sozialen Medien. || Um per Mail über neue Beiträge informiert zu werden, bitte hier klicken

4 Kommentare

  1. Genau, da fällt mir ein, dass ich mein Macbook kürzlich pimpen ließ und der Mitarbeiter im Laden seinen Vornamen auf Hebräisch auf den Unterarm tätowiert hatte. Der war wie vom Donner gerührt, als ich das (mit ein wenig Mühe) entziffern konnte. Es kam dann raus, dass er Judaistikstudent ist (ohne Jude oder Christ zu sein, die Jugend von heute…) und ich eben Pfarrerin. Jedenfalls haben wir uns beide sehr gefreut, zumal ich überhaupt die Erste war, die mit seinem Tattoo sofort etwas anfangen konnte.

  2. Tattoos finde ich echt super, jedenfalls immer dann, wenn sie gut gestochen sind! Ich hatte mal im Zürcher Volkshaus ein hübsches Mädchen mit einem tätowierten “Schma Israel” auf dem Oberarm gesehen. Als ich mich meinem Freund gegenüber angenehm überrascht darüber äusserte, musste ich mich von ihm belehren lassen, dass es offenbar eine Mitzwa gibt, die Juden das Tätowieren der eigenen Haut untersagt!? Wenn das tatsächlich stimmt (und offenbar stimmt das, wenn man sich den o.a. Link anklickt), dann sehen wir einmal wieder, dass gut gemeint noch lange nicht gut gemacht ist! 🙂

    Shalom,

    Miles

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