Vorbereitungen für Schabbat Immer online. Dass man sich darüber überhaupt noch Gedanken macht, ist schon vollständig altbacken. Das muss man jetzt gar nicht bashen. Informationen und Benachrichtigungen sind jederzeit und nahezu überall verfügbar. Das, was über facebook, twitter und feedly eintropft kann nützlich sein - wenn man die Quellen vernünftig zusammengestellt hat und nicht ständig Selfies in der Timeline hat. Derartiges kann natürlich auch eine Verweigerungshaltung auslösen. Ein »Zurück-zum-Telefon-ohne-Zusatzfunktionen«. Kann man machen, aber es hält den Fortschritt nicht auf. Eine andere Seite dieser Medaille ist die Rückkehr zur Haptik. Die Vernetzung und die schnelle Übermittlung von Informationen, die Möglichkeit schnell Gleichgesinnte finden zu können, bringt neue Offline-Medien hervor. Der Markt mit Magazinen (also gedruckten) wird vielfältiger. Immer mehr spezielle Themen werden behandelt und immer aufwändiger wird die Produktion. Hochwertiges Papier, schöner Druck. Etwas für die Hand.

Man muss dem also nicht vollständig den Rücken kehren, wenn man das Gefühl hat, man muss mal raus aus der ganzen Geschi. Jüdinnen und Juden kommt es entgegen, dass man einmal in der Woche (von Freitagabend bis Samstagabend) die Möglichkeit hat, den Fokus ein wenig zu verschieben. Jetzt könnte man ein brennendes Plädoyer für den Schabbat schreiben, der eigentlich weniger ein Tag off ist, als vielmehr eine Erinnerung daran, dass G-tt der Schöpfer der Welt ist. Ein Plädoyer soll das hier aber nicht werden. Nur ein Satz dazu – von Abraham Jehoschua Heschel: Der Blickwinkel verändert sich von der »world of creation« zur »creation of the world«. Es geht an einem Tag nicht darum, selber produktiv zu sein. Dass man offline geht, ist ein interessanter Nebeneffekt. Natürlich bedeutet das, dass man plötzlich ablenkungsfrei ist. Dazu gibt es nun sogar ein Hilfsmittel für das Telefon. Die Friday App sagt dir am Vorabend des Schabbat Bescheid, nicht über eine religiöse Schiene, sondern eher säkularisiert. Die App scheint auszulesen, wann in der Umgebung des Besitzers die Sonne untergeht und erzeugt entsprechend 30 Minuten vor Sonnenuntergang eine Push-Nachricht. Friday App - Sonnenuntergang Friday App - Sonnenuntergang

Öffnet man die App, hat man die Möglichkeit, sich mit einem Text auseinanderzusetzen: Unplug Ein Archiv der Texte gibt es übrigens hier.

Anschließend wird der Bildschirm schwarz und das Telefon schläft (man kann es natürlich jederzeit wecken). Rund wird die Sache aber nur, wenn man die Datenfunktion seines Telefons deaktiviert oder es gleich vollständig ausschaltet.

Ein nettes Werkzeug, wenn man sich vorgenommen hat, mal etwas kürzer zu treten, aber es dann doch nicht macht weil der Impuls fehlt. Hier also zunächst eine ausdrückliche Empfehlung. Für beides: Einmal ein paar Stunden offline zu bleiben und es sich vielleicht mit der App etwas einfacher zu machen. Erschreckend ist es dann, wenn man nach einem Tag wieder online geht und das Gefühl hat, man habe nichts verpasst. Das ordnet vielleicht viele kleine Dinge wieder etwas anders ein…

Nichtjuden könnten den Sonntag wählen – allerdings ohne smarte App…

Bild oben: Vorbereitung zum Kiddusch im Haus des Baal haBlog. Mit Rödelheim-Siddur – der heute eine besondere Nostalgie ausstrahlt, wird er heute doch kaum noch verwendet.