Der erste Eindruck von der Portgiesischen Synagoge in Amsterdam ist »groß«.
Es riecht nach altem Holz, Sand liegt auf dem Boden.
Man blickt über viele Bankreihen zum Aaron haKodesch, dem Schrein, in dem die Torahrollen aufbewahrt werden.
Ein großartiges Gefühl, wenn man in der alten (aus dem 17. Jahrhundert) Synagoge steht, die heute tatsächlich auch noch als Synagoge genutzt wird. An vielen Orten Europas kann man das heute nicht mehr so einfach nachvollziehen, weil viele Fäden mit der Schoah abgeschnitten wurden.
Heute hat die Gemeinde (der Portugiesischen Synagoge) etwa 600 Mitglieder. Eine fantastische Bibliothek gehört ebenfalls zum Synagogenkomplex dazu. Die Ets Haim Bibliothek hat damit begonnen, ihre Bestände zu digitalisieren und auch diese Einblicke sind faszinierend (hier klicken).

Fast (noch) interessanter (für mich persönlich) war aber der Besuch in der kleinen »Wintersynagoge«, die für einen kleinen Minjan und tatsächlich im Winter genutzt wird, weil die große Synagoge nicht beheizt werden kann. Die Synagoge hat nämlich keine Heizungsanlage, aber auch kein elektrisches Licht.
Das ist übrigens nicht nur ein Problem alter Synagogen, die gar keine Heizungsanlage haben. In einigen Gemeinden mit einer großen und neuen Synagoge hat man bemerkt, dass es sehr teuer ist für ein paar wenige Beter zu heizen und den großen Raum vorzubereiten. Im letzten Winter war ich in einer Gemeinde, die ihre Synagoge deshalb im Winter nicht nutzt und statt dessen die Torahrollen und den Minjan in einen anderen Raum im Gemeindezentrum umzieht. Auch der wäre vollkommen ausreichend. Vielleicht nicht zu den Hohen Feiertagen, aber dennoch…
Kleine Synagogen würde ich jederzeit den großen vorziehen. Jedenfalls dann, wenn der Besuch eher mäßig ist und viele Beter weit entfernt voneinander sitzen und dadurch auch ein wenig Atmosphäre verloren geht.
Hier habe ich versucht, etwas Atmosphäre aufzufangen. Jemand übte Singen in der großen Synagoge:
Für jüdische (und interessierte) Besucher ist der Komplex rund um die Portugiesische Synagoge keine Touristenfalle, sondern ein interessantes Ziel. Anschauen kann man sich die meisten Einrichtungen, wie die Mikweh, den Aufbewahrungsraum für die vielen Kerzen und den Kidduschwein, die Torahmäntel etc. Vielleicht sollte man nicht gerade zu einer touristischen Hauptzeit erscheinen.
Apropos Akustik in der Amsterdamer sefardischen Synagoge:
https://www.youtube.com/watch?v=H4IF8OmLOMw
Sehr tragisch zu sehen, wie schwach die Nutzung der riesigen wunderschönen Synagoge heute ist. Vor der Schoah gab es eben mehr Juden am Ort…
Das ist eher eine Frage des Verkehrs 🙂
Die Gemeinde hat ja auch noch eine »Zweigstelle« in Amstelveen und dahin hat sich generell das Jüdische Leben verlagert. Dort sind auch die Lebensmittelgeschäfte etc. Und selbst hier gab es noch eine Zusatzverlagerung nach Amersfoort. Dorthin sind einige observante Familien gezogen und pendeln dann Morgens von dort ein.
Die Innenstadt von Amsterdam ist ja für Neumieten und Neuerwerbungen eher etwas für sehr gute Verdiener.
Verblüffend finde ich, dass es anscheinend keinen vernünftigen Buchhändler für »Seforim« gibt…
Die Vorliebe für kleine Synagogen teile ich mit dir, Chajm. Mir scheint, dass all die pompösen und weitläufigung Batei Knesset der Vorkriegszeit auch damals schon kaum in der Menge gefüllt gewesen sein dürften(zumindest kann das für viele deutsche Gemeinden konstatiert werden).
Ohnehin braucht unsere Tradition derlei repräsentative Bauten überhaupt nicht.
Dennoch ist die Portugiesische Synagoge natürlich von beeindruckender Wirkung und Atmosphäre. Das gegenüberliegende Jüdische Museum, integriert in die alte aschkenasische Schul, hat auch etwas dieser Atmosphäre konservieren können und ist auf jeden Fall einen Besuch wert.
Zudem noch eine persönliche Erinnerung:
Als ich vor etwa sechs Jahren die Portugiesische Synagoge besuchte, warnte man uns im Eingangsbereich(dem vorgelagerten Musemsshop) vor Taschendieben, die insbesondere vor der Synagoge lauern würden, da man sich von jüdischen Touristen besonders viel Beute erhoffe.
Schöne Synagoge.
Aus den Niederlanden wurden extrem viele Juden deportiert.
Kein Wunder, dass sie so leer ist.
Baruch Hashem! Wow, das nenne ich mal eine Synagoge nach Mass! Echt schick und mit einer Atmosphäre genau so, wie sie eben sein muss! Ich als bekennender Drei-Tage-Jude gehe selbst ja nicht all zu oft hin, wenn aber, dann muss es schon eine solche Synagoge sein. Wenn diese beim Erklingen des Schofars auch noch gut besucht ist, dann geht selbst mir das Herz auf und das will schon was heissen! 🙂
Shalom
Miles
@Chajm
Eine ganz andere Frage: Wieso schreiben den ‘Yael’ und ‘Shabbes Goi’ nicht mehr? Irgendeine Ahnung? Ich vermisse die beiden nämlich!
Shalom
Miles
Zu »Shabbes Goi« habe ich außerhalb des Blogs zuweilen einen losen Kontakt. Der hat vermutlich einfach sehr viel zu tun…
Yael: Ihr Blog liegt auch seit längerer Zeit vollkommen brach. Keine Ahnung, warum sie die Kommunikation eingestellt hat.
@Chajm:
Hmm, die liebe Yael lebt jetzt wahrscheinlich schon längst glatt kosher in Mea Shearim; ist dort glücklich verheiratet und hütet daheim ihre 5 Kinderlein, während ihr Mustergatte ganztags über dem Talmud meditiert? 🙂 Würde vermutlich gar nicht schlecht zu ihr passen, dieser Lebensweg, denn soweit ich mich entsinne, war sie immer sehr gläubig gewesen, oder? 🙂
Shalom
Miles