Wahlplakat der Zionistischen Vereinigung »Wir oder er« - von Ranbar (Eigenes Werk) [CC BY-SA 4.0], via Wikimedia Commons Wahlplakat der Zionistischen Vereinigung »Das sind Wir oder Er« - von Ranbar (Eigenes Werk) [CC BY-SA 4.0], via Wikimedia Commons

Mit dem Ausgang der Wahlen ändert sich scheinbar wenig, weil es so ausschaut, als bleibe Netanjahu an der Macht. Das ist die oberflächliche Betrachtung des Wahlausgangs. Tatsächlich hat die Zionistische Vereinigug (HaMachane HaZioni) durch ihr gemeinsames Auftreten kein schlechtes Ergebnis erzielt, auch wenn es nicht für eine Regierungsbeteiligung reichen dürfte. Dies zeigt recht gut, dass die Bevölkerung sehr verschiedene Interessensschwerpunkte hat. Einigen ist Sicherheit wichtig, anderen soziale Gerechtigkeit und die Aussicht, von eigener Arbeit auch (gut) leben zu können. Für die Juden der Diaspora dürften beide Themen nicht so sehr uninteressant sein - natürlich nur dann, wenn man sich über eine Auswanderung Gedanken macht. Es hat der Mann gewonnen, der in den Augen der Öffentlichkeit hier in Europa, nicht gerade Wunschkandidat war - um das mal euphemistisch zu umschreiben. Fast schon egal, wer statt Netanjahu die Wahl gewinnt. Es dürfte seiner Popularität nicht gerade genutzt haben, in den letzten Stunden noch vor den arabischen Wählern zu warnen - was weder weise, noch akzeptabel war. Er hat sich schon zuvor mit Richter Salim Joubran angelegt, der aus einer arabischen Familie stammt und die Wahlen beaufsichtigt. Das gute Abschneiden der arabischen Sammelpartei ist interessant und in gewisser Weise bedeutsam. Es zeigt nämlich zwei Dinge: Zum einen, dass Israel genau kein Apartheidstaat ist, in dem nichtjüdische Israelis keinerlei Rechte hätten und zum anderen, dass viele arabische Wähler sich irgendwie doch nicht in den anderen Parteien aufgehoben fühlen - wenngleich HaMachane HaZioni Zouheir Bahloul aufgestellt hat und Jisrael Beitejnu Hamad Amar (einen Drusen). Bei einer großen Koalition wäre übrigens der Spitzenkandidat der Vereinigten Arabischen Liste, Ayman Odeh, offizieller Oppositionsführer geworden.

Das israelische Fernsehen tweetete ein Bild von Ja’akow Herzog und Tzipi Livni vom Frühstück am Strand am Morgen nach der Wahl:

Da war schon klar, dass die Regierungsbeteiligung vermutlich vom Tisch ist. Aber auch für Netanjahu wird es kein Spaziergang. Er muss nun die potentiellen Koalitionspartner unter einen Hut bringen und eine Perspektive für eine Zusammenarbeit formulieren. Bei den vielen kleinen Interessen keine leichte Aufgabe. Eine Präsidentschaft Netanjahus bedeutet nicht zwangsläufig, dass der Friedensprozess endgültig begraben wurde, hoffentlich jedenfalls. Entgegen der Aussage, es werde mit ihm keine zwei Staaten geben, muss Netanjahu eine sichere Alternative vorstellen oder von seiner Aussage abrücken und es irgendwie in einen »Ja-Ja-das-war-vor-der-Wahl« Kontext bringen. Auf der anderen Seite war diese Lösung zunächst nur mehr eine schöne illusorische Idee, die aber immer unerreichbarer wurde. Nicht nur aus israelisch-innenpolitischer Sicht.

Langfristig wird große Rhetorik hier keine Lösung bringen und seine Position nicht absichern. Die sozialen Probleme wird seine Regierung angehen müssen. Tatsächlich ist vieles nicht so zementiert, wie es momentan ausschauen könnte.

Abschließend muss man erwähnen, dass ein anderer Wahlausgang bezüglich des Irans keine Änderung gebracht hätte. Es ist Konsens, dass eine iranische Regierung mit Atomwaffen für den Staat Israel eine Bedrohung darstellt.

Noch etwas zur »Rezeption« der Wahlen in den deutschsprachigen Blogs und Facebook-Accounts: Genausoviel, wie die Europäer wollten, dass Benjamin Netanjahu unter allen Umständen nicht gewählt wird, wollten einige populistische Blogger, dass Benjamin Netanjahu unbedingt wieder gewählt wird. Warum? Nicht aus der Erkenntnis heraus, dass Netanjahu dieses oder jenes bewegt hätte, oder weil man vergessen hätte, wie lange er vor einer Antwort auf den Raketenbeschuss aus Gaza im Sommer 2014 gezögert hat. Nein. Offenbar nur, damit man nun sagen kann: »Bäh, bäh, Bäh – Israel kann selber bestimmen, wer gewählt wird.« Das wird aber dem Wahlergebnis nicht gerecht und der Komplexität der Situation auch nicht.