Tex Rubinowitz

Euphorisiert erhöhte Schmulik erneut die Geschwindigkeit. A3 bei Aschaffenburg. Seit Jahrzehnten Baustelle. Es spielte keine Rolle. Der 5er BMW lag ruhig auf der Fahrbahn. Er hatte extra für das neue Auto ein Zimmer in Mosbach angemietet. Der Rhein-Neckar-Kreis hatte das Kürzel MOS und der neue Flitzer nun das Kennzeichen MOS-AD. Auf dem Landratsamt des Kreises juckte das niemanden. Dabei hatte Schmulik gerade die Anzahl der jüdischen Bewohner um 100% gesteigert. Auf dem Papier lebte nun genau 1 Jude in Mosbach. Der arme Kerl. Das hatte Schmulik aber nicht aber nicht so euphorisiert. Vielmehr war es eine Nachricht im Radio.

Er rief sofort Daniel an:

»Daniel – gerade begann ich zu zweifeln ob das alles noch lustig ist. Große Wochenmagazine bringen Berichte darüber wie Siedler palästinensische Kinder schlachten um das Blut für Mazzen zu verwenden und da! Wie aus dem Nichts gewinnt einer von uns den Ingeborg-Bachmann-Preis! Überleg mal! Die haben uns doch irgendwie gern! Die mögen unsere Kreativität! Tex Rabinowitz heißt der Mann. Überleg Dir das mal. Kam gerade im Radio.«
»Schmulik du Mamser. RU-binowitz. RU-binowitz. Wie viele Juden aus Lüneburg kennst Du?«
»Nicht so viele. Was soll die Frage?«
»Was meinst Du wohl? Unser Mann ist gar nicht unser Mann. Der Mann heißt Dirk Wesenberg. Tex Rubinowitz. Das ist so ne Art Pseudonym. Aus Lüneburg.«
»Hör auf! Warum sollte man sich denn einen solchen Namen zulegen? Da kann man sich ja auch Schmuel Schmulensohn nennen?!«
»Ich dachte Schmuel Schmulensohn hat seinen jüdischen Namen abgelegt und nennt sich Günther Grass? Aber egal. Nein. Was Du sagst! Keine Ahnung warum der sich so nennt.«
»Bist du dir sicher? Gleich erzählst Du mir Max Goldt heißt Anton Müller.«
»Nope. Der heißt Matthias irgendwie.«
»Das ist ja schlimmer als ich dachte. Alle schreiben und reden schlecht über uns und die paar Juden die gemocht werden, sind gar keine? Die simulieren uns sogar? Wofür? Weil wir dann so sind wie gewünscht? Sag bloß Henryk…«
»Ach. Hör bloß auf. Das willst Du gar nicht wissen.«
Schmulik ließ die Tachonadel deprimiert auf 80 sinken. Tex? Könnte auch eine Tankstelle sein. Da sollte er anhalten und eine Pause einlegen. Wie hieß nur der Gewinner vom letzten Jahr?

Von Chajm

Chajm Guski ist nicht nur Autor dieses Blogs und Bewohner des Ruhrgebiets, sondern auch Herausgeber von talmud.de und Organisator des Minchah-Schiurs im Ruhrgebiet. Einige seiner Artikel gibt es nicht nur im Internet, sondern beispielsweise auch in der Jüdischen Allgemeinen. Über die Kontaktseite kann man Chajm eine Nachricht senden. Man kann/soll Chajm auch bei twitter folgen: @chajmke. Chajms Buch »Badatz!« 44 Geschichten, 44 zu tiefe Einblicke in den jüdischen Alltag, gibt es im Buchhandel und bei amazon. Sein Buch »Tzipporim: Judentum und Social Media« behandelt den jüdischen Umgang mit den sozialen Medien. || Um per Mail über neue Beiträge informiert zu werden, bitte hier klicken

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