Doppelkonzert Yiddish Princess und Forshpil in Gelsenkirchen

In Gelsenkirchen begann am 13. Okotober das Klezmerfestival Klezmerwelten. Im Rahmen dieses Festivals spielten am Sonntag die Gruppen Forshpil und Yiddish Princess. Das Doppelkonzert erzählte einiges über die Wahrnehmung, sagen wir mal, jiddischsprachiger Musik und die entsprechende Erwartungshaltung des Publikums. Offenbar erwarteten einige Zuschauer, die ins Kleine Haus des Musiktheaters Gelsenkirchen kamen, einen gemütlichen Bus, der sie in den Musikantenstadel (Musikantenschtetl?) bringt und sie bei jiddischen Texten wohlig einlullt. Was tatsächlich vorfuhr, war ein musikalischer Merkavah-Panzer, der erstmal über das hölzerne Wartehäuschen rollte. Beide Bands interpretierten jiddische Klassiker nämlich vollständig neu und instrumentierten sie mit den Mitteln des 21. Jahrhunderts. Jiddisch als lebende Sprache und lebendige Kultur. Unerwartet für einige. Großartig für viele.

Bei Yiddish Princess war das musikalische Mittel sehr lauter Rock, der wenige Zuhörer ruhig auf den Stühlen sitzen lies. Jiddisch wie ein Faustschlag ins Gesicht (durchaus positiv gemeint YouTube Beispiel hier). Zuviel für diejenigen, die auf die gemütliche Reise zur Musik vorbereitet waren. Einige Zuschauer und Hörer verließen gar den Saal und so saß ich in meiner Reihe am Ende nahezu allein. Diejenigen die da blieben, wussten den Ansatz nicht nur zu schätzen, sondern ahnten, dass die Band es geschafft hat, einen zeitgemäßen Ansatz zu kreieren. So wurde zum guten Schluss ein chassdidisches Lied mit einer Rockversion von Dschinghis Khan vertont und belebt.

Forshpil (YouTube Beispiel), spielten, nomen est omen, in der ersten Hälfte des Abends und zeigten ebenfalls schon, wie man traditionelle Sounds übertragen kann, allerdings gingen sie dabei weniger radikal als Yiddish Princess zu Werke. Aber schon hier konnte man Schnappatmungen beobachten. Elektrische Musik? E-Gitarren? Klezmorim haben doch immer eine Klarinette in der Hand und spielen traurige Melodien? Die Band um die Sängern Sasha Lurje vermischte die klassischen Melodien mit Jazz und Rock. Das Ergebnis war sehr hörens- und sehenswert.

Das Konzert schrie nach einem jungen (und jüdischen) Publikum, gerade hier in der Diaspora-Diaspora. Welche Zugänge zur Welt des Jiddischen gibt es? Jiddisch kann cool sein, wenn man es richtig macht. An diesem Abend wurde alles richtig gemacht.