Kurz vor Pessach und auch während der ersten Feiertage werden große Matzeknödel durchs Schtetl gerollt und außerhalb des Schtetls eine Sau durchs Dorf getrieben. Es ist ein antisemitisches Gedicht erschienen! Die leicht zu empörenden Weitersager auf Facebook und in den Blogs sagen es weiter – gegenseitig, wie die Engel aus der Keduschah, die einander zurufen »Heilig, Heilig, Heilig«.

Der einzige Effekt: Die gewünschte Wirkung des Machwerkes tritt ein. Es erhält Aufmerksamkeit und durch diese gerät der Autor wieder ins Licht der Öffentlichkeit und genau das hat er beabsichtigt. Ein cleverer Schachzug des Dichters. Ein schlechtes Gedicht erzeugt Aufmerksamkeit und jeder partizipiert und ist Teil der Verwertungskette, die erst durch die Empörungsmaschine so richtig in Fahrt kommt und jeder möchte gerne partizipieren von der kurzen Aufmerksamkeit, die das Thema generiert. Erst durch die vielen Aufreger hat die Website der Süddeutschen wahrscheinlich Rekordzugriffszahlen zu verzeichnen gehabt.

Thilo Sarrazins Thesen wurden auch erst durch die entsprechende Empörungsmaschine richtig populär und aus der kleinen Auflage (25 000) wurden mehrere große, so dass über 1,3 Millionen Exemplare verkauft wurden (Quelle).

Es wäre vielleicht manchmal gut, wenn derartige Thesen einfach unbeachtet wieder untergehen, so wie gute Bücher, gute Gedichte oder gute Filme einfach untergehen, weil sie nicht ausreichend viel Aufmerksamkeit generieren können. Vieles spricht dafür, dass man die Provokation auch mal wegstecken kann. Andernorts heißt es ja auch Don’t feed the troll. Die Fakten bezüglich Israel, Iran und Hamandinedschad sind so klar und offensichtlich, dass wir eigentlich niemanden mehr brauchen, der uns erklärt, wie es tatsächlich ist.

Wenn Grass sein Lebenswerk »mit letzter Tinte« noch mit einem Schatten versehen möchte (was ihm ja bereits vorher gut gelang), soll er das machen. Wenn wir allen etwas entgegnen möchten, die im Netz ähnliches kommentieren oder publizieren, hätten wir viel zu tun. Vielleicht konzentrieren wir uns auf etwas produktives?