Eine äthiopische Haggadah

Eine äthiopische Haggadah ist sie eigentlich nicht, die »The Koren Ethiopian Haggada«, vielmehr ist es eine Haggadah über äthiopische Juden. Sie bringt also keinen Seder nach Ritus nach Art der Juden aus Äthiopien mit, sondern vielmehr einen orthodoxen Standardseder angereichert mit Auszügen, Geschichten, Bildern und gestalterischen Elementen, die aus der Welt dieser Juden mit, die lange vom rabbinischen Judentum getrennt waren und dennoch eigene Bräuche und Riten erhalten haben und zum größten Teil Äthiopien verlassen haben (nach zwei großen Auswanderungsoperationen 1984 und 1991).

Ordnung des Seders Amharisch-Hebräisch
Ordnung des Seders Amharisch-Hebräisch
Mein Wissen über den verlorenen Stamm hielt sich in Grenzen. Beschränkte sich eben auf die geschichtlichen Fakten. Über die verbliebenen Bräuche, über die religiöse Welt der äthiopischen Juden wusste ich nicht so sehr viel. Weil es offenbar vielen Menschen so geht, hat Koren wohl diese Haggadah vorgelegt. Es wird die Geschichte des Exodus (und da sind wir beim Seder) aus Äthiopien erzählt, aber auch ein Reihe von Geschichten und Quelltexten in englischer Übersetzung angeboten. Dazu recht viele Fotografien und Dokumente, die das Leben in Äthiopien und später in Israel dokumentieren. Einige dieser Quellentexte stammen von den Falascha selber, andere stammen von Juden, die sich für die äthiopischen Juden interessiert haben, bevor der Staat Israel existiert hat. Etwa von Joseph Halévy.
Einige gestalterische Elemente, die sich aus der äthiopischen Kunst bedienen, wurden ebenfalls verwendet.
The Koren Ethiopian Haggada - Blick ins Innere
The Koren Ethiopian Haggada - Blick ins Innere

Die Fülle des Materials ist riesig, gestaltet ist das Buch hervorragend (Koren halt). Es ist spannend, darin zu blättern und etwa die äthiopischen Sagen über Mosche zu lesen. Am Sederabend wird man kaum dazu kommen, wirklich alles vollständig wahrnehmen zu können (es sei denn, der Leiter des Seder ist wirklich sehr sehr langsam). Die Texte sind jedoch kein Kommentar zur Haggadah, sondern erzählen die Geschichte eher begleitend. Für diejenigen, die schauen wollen, dass jüdisch nicht nur aschkenasisch bedeutet, ein guter Schritt. Immerhin müssen sie nicht einmal ihren eigenen Nussach verlassen und lernen dennoch etwas dazu.

Die Haggadah ist derzeit auch über amazon erhältlich.

Von Chajm

Chajm Guski ist nicht nur Autor dieses Blogs und Bewohner des Ruhrgebiets, sondern auch Herausgeber von talmud.de und Organisator des Minchah-Schiurs im Ruhrgebiet. Einige seiner Artikel gibt es nicht nur im Internet, sondern beispielsweise auch in der Jüdischen Allgemeinen. Über die Kontaktseite kann man Chajm eine Nachricht senden. Man kann/soll Chajm auch bei twitter folgen: @chajmke. Chajms Buch »Badatz!« 44 Geschichten, 44 zu tiefe Einblicke in den jüdischen Alltag, gibt es im Buchhandel und bei amazon. Sein Buch »Tzipporim: Judentum und Social Media« behandelt den jüdischen Umgang mit den sozialen Medien. || Um per Mail über neue Beiträge informiert zu werden, bitte hier klicken

3 Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert