Noch bevor die Sendung mit Günther Jauch lief, die sich auch mit dem Thema Antisemitismus beschäftigte, beschäftigte das Thema auch den Vorsitzenden des Kreisverbandes Heidenheim (der Piratenpartei) Kevin Barth. Das Ergebnis seiner Überlegungen spricht für sich:
ok. ich bin also antisemit weil ich die israelische kackpolitik und den juden an sich unsympatisch finde weil er einen sinnlosen krieg führt
— Kevin Barth (@kevbarth) Januar 23, 2012
Der tweet wurde am 23. Januar 2012 geschrieben. Das sind nun schon 14 Tage. Zeit genug für eine Partei, mal auszuloten, was passiert ist und wie man sich selber dazu stellt. Ist offenbar bisher nicht passiert.
Das ist übrigens auch einige Tage bevor in den Medien darüber berichtet wurde, dass Piratin Marina Weisband antisemitische Hassmails erhalten hat. Folgt dem Rückzug vom Parteiamt nun folgerichtig der Rückzug aus der Partei? Einer Partei die so etwas so lange unbeantwortet lässt? Zeit die Taue zu kappen? (um mal im Vokabular zu bleiben)
Update: Mittlerweile hat der junge Mann seinen Rücktritt erklärt, siehe hier und seine Mutter fordert hier ein Ende der Hexerjagdt (sic!). Der Junge sei halt nur (!) 22 und wüsste eigentlich nicht genau, was er da geredet habe. Wenn er mit 22 noch unreif ist, dann hat er auch nichts in der Politik verloren. Übrigens ist auch die Verunglimpfung des Bundespräsidenten (§ 90 StGB) strafbar (ein weiterer Beweis der politischen Kompetenz).
Kevin Barth hatte bis vor kurzem noch 68 Follower; kann schon sein, dass er unter dem Radar der Öffentlichkeit und der Piratenpartei lag. Seit heute ist das nicht mehr der Fall. Ein Rücktritt muss zwingend erfolgen.
Gleichwohl ist eine Bemerkung wie die von Kevin Barth nicht repräsentativ für die Piratenpartei oder ihre 18.000 anderen Mitglieder. In Frankfurt beispielsweise sprechen wir über Gemeinsamkeiten in der jüdischen Diskussionskultur und der Netzkultur: http://elf.pt/cdkpi – Auch dies gibt es in der Piratenpartei. Wir werden uns aber daran messen lassen müssen, wie konsequent wir jetzt im Fall Barth handeln werden.
Kevin Barth hat vor einer Stunde seine Rücktrittserklärung beim Landesvorstand eingereicht.
Vielen Dank für die Rückmeldung/das Update. Damit ist das »Problem« gelöst und eine Diskussion überflüssig, oder war es der erste Schritt zu einer Auseinandersetzung mit dem Thema. Was ich in seinen letzten Tweets las, spricht eher dafür, dass er die Sache nun gerne mal vergessen würde. Das spricht nicht dafür, dass er die Mechanismen des Netzes verstanden hat. Oder, um es mit Walter Sobchak zu sagen »Man kann im Leben nicht einfach auf ‘ne Stopp-Taste drücken«.
“Kevin Barth hat vor einer Stunde seine Rücktrittserklärung beim Landesvorstand eingereicht.”
gut!
Da sind noch andere Kevins.
http://kevbarth.blogspot.com/2012/02/stellungnahme-zu-meinem-rucktritt-als.html
ich lese Kevin’s Äusserung eigentlich so, dass es rein ironisch gemeint war (wie zB der Spruch: “Du siehst ja schön aus”! Gerichtet an ein Kind, das mit schmutzigen Klamotten vom Spielen nach Hause kommt)!
Jedenfalls halte ich ihm das zu Gute, und von daher hält sich mein Befremden über “… den unsympathischen Juden … ” in erträglichen Grenzen (auch ich kenne nämlich jede Menge höchst unsympathische Juden!)! Tja, und das mit der ” … israelischen Kackpolitik …” ist halt seine politische Ansicht, die er ruhig vertreten kann und äussern soll (auch wenn ich selbst ein anderes Vokabular gewählt hätte)!
Wieso eigentlich Rücktritt? Verstehe ich nicht! Derzeit verbleiben doch hohe Politker trotz weitaus gewichtigerer Vorhaltungen im Amt, stimmts!? Ach so, Glückwunsch, Euer Bundespräsident ist bestimmt Jude – bei der Chuzpe! 🙂
Shalom
Miles
@Miles: Diese Art von Vertrauen ehrt Dich. Was aber ist Ironie, wenn man sagt, dass man »juden an sich unsympatisch finde[t]«? Dein Bemühen in Ehren, stets gegen den Strich zu bürsten, aber hier passt es wohl nicht so ganz. Man muss Dinge auch mal konkret benennen.
na klar, Chajm, benennen kann, darf und soll man alles, warum auch nicht!? By the way, das tue ich hier ja auch, denn so richtig gegen den Strich zu bürsten war und ist schliesslich eine der vornehmsten und lobenswertesten Eigenschaften von uns Juden, oder? 🙂
Warum also, so frage ich mich, sollte man sich denn einen Kopf machen, nur weil ein einzelner Bürger (ob ‘ironisch’ oder ‘tatsächlich’) Juden “an sich unsympathisch findet?” Na und, soll er doch! Das geht mir aber sowas von am Allerwertesten vorbei — genauso übrigens wie die faden Sprüche von einigen wenigen Juden, die Araber im Allgemeinen und Muslims im Besonderen auch “an sich unsympathisch finden”! Beides ist falsch, albern, primitiv und gehört m.E. als Minderheitenmeinung mit einem Kopfschütteln abgehakt! Da gibt es gegenwärtig ganz andere Dinge, über die es sich zu ereifern lohnt! Man schaue sich nur die aktuellen Nachrichten an (wohlgemerkt: das alles ist selbstverständlich nur ein ganz persönliches Werturteil und damit ist es genau so richtig oder falsch wie Eure Ansichten zu dem Thema! 🙂 ).
Shalom
Miles
»Gegen den Strich bürsten« war ja nicht abqualifizierend gemeint. Das ist oft sicherlich anstrengend und so, hilft aber zuweilen bei Diskussionen. Manchmal weiß ich aber nicht, ob der Kommentator »Miles« das als Mensch meint, oder eben als Kommentator-Rolle »Miles« (weißt Du was ich meine?).
Was soll man machen? Ich denke nicht, dass man die Menschen die Juden nicht mögen – es soll tatsächlich ein paar davon geben – alle einzeln thematisieren sollte. Da bleibt einem auch nichts anderes übrig, als den Kopf zu schütteln. Wohl aber müsste man darauf aufmerksam machen, dass es die Tendenz gibt und wohl aber dort, wo die Leute Politik machen wollen und mitbestimmen wollen, wie Menschen miteinander leben. Es geht ja nicht ums Ereifern. Ereifern macht mir keinen Spaß. Das machen andere Blogs schon ganz gut. Die Bereitschaft sich hemmungslos aufzuregen, ist ja ganz gut ausgebildet, so scheint es mir.
Pirat wegen judenfeindlicher Äußerung zurückgetreten
http://www.faz.net/aktuell/heidenheim-pirat-wegen-judenfeindlicher-aeusserung-zurueckgetreten-11642100.html
Richtig. Es geht nicht darum, dass alle Juden nur nett sind, oder es nicht wirklich genug Juden gibt, die wirklich unsymphatisch sind, nein, es ist die Aeusserung, dass er den “Juden ansich unsymphatisch finde(t)”, weil er ….
das ist ja wohl eine Verallgemeinerung pur. Der Jude an sich ist also so und so…. besser geht´s ja nicht, ein Vorurteil auszudrücken.
N.
Wenigstens hat er die Konsequenzen gezogen. Mir tut es immer wieder weh, wenn ich solche Äußerungen lesen muss. Zumal wenn man zunächst nicht mal mitbekommt, welche schlimme Äußerung man getätigt hat. Ich verstehe sowas nicht.
Ich vermute, er hat sich nur dafür entschuldigt, was er schrieb. Kann er das auch tun, für Dinge, die er denkt?
Ich glaube sein Denken hat sich nicht geändert, ich habe noch andere Dinge von ihm gelesen, die ich sehr fragwürdig finde. Dafür spricht auch, dass er angeblich so spät gemerkt hat, was er eigentlich getan hat.
… tja, Chajm, das kann er höchst wahrscheinlich nicht, denn wie heisst es schon in dem bekannten jüdischen Volksliedchen so schön: “Die Gedanken sind frei …” ! 🙂
Shalom
Miles
http://blog.zeit.de/stoerungsmelder/2012/02/08/der-jude-an-sich-und-die-piratenpartei_8000