Während die meisten observanten Juden den Monat Elul und die Hohen Feiertage dazu verwendet haben, introspektiv tätig zu werden und noch einmal das eigene Tun kritisch zu hinterfragen und zu schauen, wo man den Nebenmenschen verletzt haben könnte, geht der Schriftsteller Chaim Noll lieber mit anderen ins Gericht. Über die Achse des Guten wiederholt er seine Polemik gegen den Islam, die er auch schon in der Alten Synagoge Essen an den Mann bzw. die Frau bringen durfte und einen wichtigen Beitrag zur Diskussion »Wie man nicht über Antisemitismus im Islam spricht« leistete. Gar mitten in Brennpunkt wie dem Ruhrgebiet. Hier ist die Frage, ob und wie man gegen Antisemitismus vorgeht, der sich ein religiöses Mäntelchen überstreift, keine theoretische, die man in feuilletonistischen Texten abhandeln kann, sondern eine ganz reale. Hier vor Ort haben wir es mit Jugendlichen zu tun, die durch arabischsprachige Fernsehsender mit Antisemitismus geimpft werden und für die Jude schon Schimpfwort an sich ist. Im Mai kritisierte ich die Veranstaltung, vor allem aber ihre Platzierung. Wenig glücklich damals auch die (Über-)Reaktion des muslimischen Vertreters in der ganzen Geschichte.

Nach diesem Durcheinander übergab man praktischerweise den Schlüssel an Uri Kaufmann, der neue Leiter der Alten Synagoge. Der fasste die Aktionen, die zwar nach seiner Einstellung, aber vor Amtsantritt stattfanden, ganz unaufgeregt aber pointiert in einem Interview zusammen und zeigte, dass man einen Satz wie einen Torpedo einsetzen kann. Wenig Lärm und dann Treffer:

»Wenn jemand über den Koran spricht, sollte er schon eine gewisse fachliche Kompetenz mitbringen, zum Beispiel Arabisch, und den Koran lesen können. Dazu reicht eine Sozialisation in Ostdeutschland nicht aus.« von hier

Chaim Noll hingegen meint,

Inzwischen hat die Stadt Essen das Problem auf ihre Weise gelöst, durch Appeasement der militanten muslimischen Funktionäre. Da die Leiterin der Alten Synagoge Edna Brocke nach 23 Jahren in den Ruhestand ging, lag es in der Logik des Oberbürgermeisters, einen anschmiegsameren neuen Leiter zu suchen. Er fand ihn in dem Schweizer Historiker und Ausstellungsmacher Uri Kaufmann von hier

Etwas weiter vorher schreibt er im seinem Text:

In diesem Sinne war offenbar auch sein Brief gemeint. Über meinen Vortrag hinaus – zu dem Herr Balaban eingeladen war, aber nicht erschien – versuchte er Einfluss auf die künftige Arbeit der Alten Synagoge zu nehmen. auch von hier

Das ist schön polemisiert. Geht aber an den Fakten vollständig vorbei. Die Stadt Essen schrieb die Stelle von Kaufmanns Amtsvorgängerin bereits Ende 2010 aus und stellte Kaufmann schon zu Beginn des Jahres 2011 ein und keinesfalls nach der Noll-Lesung im Mai. So extrem wichtig war der Auftritt Nolls wohl doch nicht. Eine Podiumsdiskussion mit Noll und richtigen Experten in diesem Themenfeld wäre vielleicht ein interessanter Ansatz gewesen. Nicht, dass etwa der Eindruck entsteht, man müsste den selbsternannten Kritikern per se den Mund verbieten. Chaim Noll sollte vielleicht auch mal loslassen können. Andere Themen gibt es genug.