»Copy and Paste«, also »Kopieren und Einfügen« geht leicht von der Hand. Mit der Maus markieren, kopieren und in ein eigenes Dokument einfügen. Nie war die einfache Übernahme fremder Texte einfacher und deshalb wird es auch gemacht. Das können kurze Definitionen aus der Wikipedia sein, oder auch Abschnitte aus regelrechten wissenschaftlichen Arbeiten anderer (soll ja mal vorkommen). Schülerinnen und Schüler machen mittlerweile ungehemmten Gebrauch von diesen Möglichkeiten. Studenten müssen vorsichtiger sein, weil es ja Werkzeuge gibt, die das Internet gegen eine eingereichte Arbeit abgleichen. Zitate ohne Fußnoten werden also zwangsläufig auffallen.

Im vergangenen Jahr wurde einem gefeierten Buch einer Nachwuchsautorin nachgewiesen, dass es im erheblichen Maße einfach aus Blogs kopiert war (siehe hier). Natürlich ohne Quellenangabe. Ein englischer Liedtext wurde einfach übersetzt und so als eigenes Werk verkauft. Die Autorin selbst nannte das die »Ablösung von diesem ganzen Urheberrechtsexzess durch das Recht zum Kopieren und zur Transformation«. Remix wird das dann genannt. Einige gingen ihr auf den Leim und bezeichneten das als Intertextualität. Man eignet sich Texte an, stellt sie in einen anderen Zusammenhang und veröffentlicht sie oder reicht sie weiter. »Generation Remix« gilt heute auch für Jüdinnen und Juden die auf der Suche nach Orientierung und Wissen sind. Was sagt das »Judentum« zu Homosexualität etwa? Wer sich den ersten Eintrag zum Thema in einer Suchmaschine anklickt, landet möglicherweise in einem Artikel aus sehr progressiver Feder. Homosexualität ist keine Frage, doch welche Ketubbah gilt in einem solchen Falle? Oder man landet auf einer ultraorthodoxen Seite in denen diejenigen, die an dieser »Kranhkeit« und »Abscheulichkeit« leiden, aufgefordert werden, sich heilen zu lassen. Oder Kaschrut? Soll ich Fleisch und Milch trennen? Ich kann auf einer Seite landen, auf der das als »Reminiszenz aus der Wüste« bezeichnet wird, oder auf einer die mir empfiehlt, zwei Küchen in der Wohnung zu haben. Wer sich nicht weiter für Hintergründe interessiert, könnte sich jetzt den einen oder anderen Standpunkt als »jüdischen« zu eigen machen. Der oberflächliche Leser wird den Fehler begehen, nicht weiter zu schauen, welche Inhalte den Kontext den Artikels bilden, oder welcher jüdischen Strömung das Netzangebot zugehörig ist. Das gleiche mag auch für Bücher gelten die für sich in Anspruch nehmen, das »Judentum« zu beschreiben und deshalb eine bestimmte Sichtweise auf das Judentum verkaufen, je nach Hintergrund.

Das erinnert ein wenig an eine Diskussion aus dem Talmud in der gestritten wird, ob nun das Haus Hillels Recht habe, oder das Haus Schammais (Chullin 43b). In der Diskussion wird ausdrücklich gewarnt, dass man sich nicht nur die Erleichterungen oder Erschwerungen von beiden Häusern bedienen darf. Man soll sich also nicht nur die »Rosinen« herauslesen können. Vielleicht ein kleines privates Judentum (nichts gegen eine eigene »Theologie« des Judentums!) ohne Trennung von Fleisch und Milch, aber mit Geschlechtertrennung in der Synagoge. Die Liste kann man beliebig fortsetzen. Will sagen: Man muss auch schon mal einen Teil des größeren Bildes gesehen haben, bevor man sich bei kurzen Snapshots bedient, oder sich bewusst sein, was man da betrachtet. Halbwissen kann durchaus auch schädlich sein.