Thilo Sarrazin ist ein geschickter Vermarkter seines Buches (»Deutschland schafft sich ab«). Schon bevor die ersten Exemplare über die Verkaufstheken geschoben wurden, befeuert er die Feuilletons und die Stammtische mit Häppchen aus dem Buch, führt populistische Debatten mit Themen, die einen gewissen Marktanteil garantieren. Früher ging Sex ganz gut. Das hatte Aufregungspotential und man musste kein ausgewiesener Fachmann auf dem Gebiet sein, um zu dem Thema etwas zu sagen. Heute scheint es der Islam, oder auch die Migration zu sein. Broder warnt beispielsweise vor dem Islam und verkauft damit sein Buch »Hurra, wir kapitulieren« ganz gut, ist aber kein Experte auf dem Gebiet. So kann man Ehre, Respekt und Unterwerfung zu den Leitlinien des Islam erklären und irgendwie alles bedienen, was die entsprechende Klientel verschlingt. Necla Kelek hat auch keine Ausbildung, die ihr den Islam näher gebracht hätte — gilt, aber als türkischstämmige Soziologin, als Leuchte auf dem Gebiet und darf deshalb auch über den Islam erzählen. Natürlich verkaufen sich auch ihre Bücher nicht so schlecht. Nun also Thilo Sarrazin, der schon in seinem „Lettre Internationale“ Interview im September 2009 sagte

Die Türken erobern Deutschland genauso, wie die Kosovaren das Kosovo erobert haben: durch eine höhere Geburtenrate. Das würde mir gefallen, wenn es osteuropäische Juden wären mit einem um 15 Prozent höheren IQ als dem der deutschen Bevölkerung. Ich habe dazu keine Lust bei Bevölkerungsgruppen, die ihre Bringschuld zur Integration nicht akzeptieren.

Nun wiederholte er einen Satz daraus (wie originell), in einem Interview mit der Welt am Sonntag:

Sarrazin: Alle Juden teilen ein bestimmtes Gen, Basken haben bestimmte Gene, die sie von anderen unterscheiden. von hier

Daran ist zunächst nichts auszusetzen, denn tatsächlich sind einige Juden genetisch miteinander verwandt bzw. es gibt Hinweise auf gemeinsame Vorfahren und es gibt auch Studien darüber, ob aschkenasische Juden nun intelligenter sind, als andere Gruppen (siehe hier, oder hier Are Jews smarter?). Interessant ist dabei die indirekte Wertung, die vorgenommen wird: Schlaue Juden — blöde Einwanderer. Die einen hätten wir gerne, die anderen bitte nicht. Selektion könnte man das nennen. Nützliche Menschen gegen unnütze Menschen. Die einen sind volkswirtschaftlich nützlich, die anderen nicht. Sind am Ende beide Menschengruppen unterschiedlich wertvoll? Also können wir Juden froh sein, dass einige von uns die Statistik heben, denn wären wir nur Durchschnitt, dann wären wir nicht gut für die deutsche Volkswirtschaft und müssten nun darum bangen, dass Sarrazin eine Ausweisung anregt. Und überhaupt! Was ist mit sefardischen Juden in Deutschland? Das ist ein Fakt, den man in der Diskussion herausarbeiten sollte. Dass Sarrazin sagte, dass es ein gemeinsames Gen aller Juden gibt, gehört als Teilwahrheit ins Reich der Phantasie. Viel schlimmer sind seine Schlussfolgerungen daraus und der Subtext!

Gerade gesehen, dass Blogkollege Ronny Jitzchak auch einen Text dazu gemacht hat und auch auf das Thema Wertigkeit eingeht.