Die A* Frage

Im deutschen Sprachraum gibt es eine Frage die Juden recht häufig gestellt wird und die man gemeinhin durchaus als A****l*chfrage bezeichnen kann – einige jüdische Leser werden das kennen: Man unterhält sich einige Sätze lang. Es wird klar »Aha. Deutscher Jude« und es könnte sein, dass man recht schnell gefragt wird »Watt sagen Sie denn dazu, watt Israel da mit den Palästinensern macht?« Das ist die A****l*chfrage.
Michael Wuliger (Autor des Der koschere Knigge) beschreibt das etwas diplomatischer:

Gehen Sie mal davon aus, dass dieser Jude höchstwahrscheinlich Ihnen ähnlicher ist, als Sie vermuten. Die Bundesliga interessiert ihn mehr als die Lage in Gaza, über die Fahreigenschaften seines Wagen denkt er häufiger nach als über die Vergangenheitsbewältigung. ABBA hört er lieber als Klezmermusik. Und öfter als den Talmud liest er den Kicker. Also nerven Sie den armen Mann – oder die Frau – nicht mit Ihrer Betroffenheit beim Besuch des Holocaustmahnmals oder Ihren Ideen zum Nahostkonflikt. Fragen Sie ihn bitte auch nicht nach komplexen Details der religiösen Speisegesetze. Er kennt sie wahrscheinlich nicht. Sie würden ja auch, wenn Sie Katholik sind, beim Bier keine Debatte über die theologischen Aspekte der Transsubstantion führen wollen. Ach und noch was: Sie müssen einen Juden auf der Fete nicht zwingend mit „Schalom“ begrüßen. Ein freundliches „Guten Tag“ reicht völlig aus.
Interview mit Cicero (hier)

Das gilt offenbar auch für andere Länder. Kurz geschildert aus meiner Sicht: Drei Frauen kommen in einen Laden. Es stellt sich heraus, dass der Laden einem jüdischen Marokkaner gehört. Die erste Konversation gilt noch dem Zusammenleben von jüdischen und muslimischen Marokkanern und *zack* sind wir schon bei Israel:

Was der Besitzer erzählt, erinnert Maya an eine Theorie, die wir kürzlich in einem Comic über Palästina lasen: Nicht die Religion, sondern die ethnische Herkunft von “weißen” Israeliten sei Grund für die rassistische Politik Israels. Juden aus Nordafrika seien unvoreingenommener gegenüber Palästinensern. “Wären alle in Israel so wie der Verkäufer, könnte man dort in Frieden leben”, sagt Maya zu mir. von hier

Der Text von Kübra Yücel (die auch bemerkenswert nette Artikel zum Miteinander von Juden und Muslimen schreiben kann) aus der taz zeigt zum einen, wie man sich auf gar keinen Fall verhalten sollte, wenn man mit jemandem ein interessantes Gespräch führen möchte und transportiert zum anderen eine recht krude These zum Nahostkonflikt (bei Lila eine nette Replik entdeckt).
Warum das Iii-bäh ist, einen jüdischen Marokkaner, jüdischen Deutschen, jüdischen Russen oder jüdischen Briten für irgendwelche Vorgänge irgendwo auf der Welt zur Verantwortung zu ziehen, beschreibt die Autorin aber eigentlich selber in einem Interview:

Ich lebe hier in Deutschland. Natürlich finde ich es schrecklich, was in einigen Ländern geschieht und vielen anderen Muslimen geht das mit Sicherheit genauso. Aber unser Lebensmittelpunkt ist hier, wir sind nicht verantwortlich für die Verbrechen, die anderswo geschehen. von hier

Bemerkenswert erscheint mir die Haltung, dass man gerne so lange weiterdiskutieren möchte, bis man sein Gegenüber mit der eigenen Meinung missioniert hat und diese Meinung/Haltung auch selber nicht hinterfragt. Der Marokkaner aus der Geschichte weiß das offenbar:

Mich trifft das tief. “Sag ihm, ich habe kein Problem”, raunze ich. “Er hat anscheinend eines.” Kritisch kuckt mich der Verkäufer an. Dann lacht er freundlich, auf einmal wäre es ganz leicht, zu der friedlichen Stimmung von vorhin zurückzukehren.
Aber ich will das Thema Palästina nicht so schnell zu den Akten legen und bitte Maya um eine letzte Übersetzung: “Kein Land auf dem Blut eines anderen.” Der Verkäufer lacht und sagt: “inschallah, inschallah.” von hier

Diese Verbissenheit ist kein sehr sympathischer Charakterzug und keine Einladung zum Austausch von Meinungen; sondern lediglich ein Ausdruck von besonderem Sendungsbewusstsein. Nur: Wenn alle Akteure vor Ort (Israel-Palästina) so handeln würden (es gibt Ausnahmen und Konfliktparteien die per Definition nicht an einem Kompromiss interessiert sind), dann wäre die politische Situation um ein Vielfaches schlimmer.

Von Chajm

Chajm Guski ist nicht nur Autor dieses Blogs und Bewohner des Ruhrgebiets, sondern auch Herausgeber von talmud.de und Organisator des Minchah-Schiurs im Ruhrgebiet. Einige seiner Artikel gibt es nicht nur im Internet, sondern beispielsweise auch in der Jüdischen Allgemeinen. Über die Kontaktseite kann man Chajm eine Nachricht senden. Man kann/soll Chajm auch bei twitter folgen: @chajmke. Chajms Buch »Badatz!« 44 Geschichten, 44 zu tiefe Einblicke in den jüdischen Alltag, gibt es im Buchhandel und bei amazon. Sein Buch »Tzipporim: Judentum und Social Media« behandelt den jüdischen Umgang mit den sozialen Medien. || Um per Mail über neue Beiträge informiert zu werden, bitte hier klicken

39 Kommentare

  1. …oder es würde endlich eine Entscheidung herbeigeführt. Wer soll’s wissen? Alles ist möglich. Auch der Sieg. Man muss es nur wollen und das ist freilich schwer in einer Welt, die ihren eigenen Wahlsprüchen glaubt und nicht mehr in der Lage ist, zwischen Disney-Fantasien à la taz und der Wirklichkeit zu unterscheiden.

    Ganz allgemein aber verstehe ich nicht ganz dein Problem. Ich bin nicht so oft im nichtdeutschen Ausland, aber wenn mir da ein Deutscher begegnet, kommen wir natürlich auch auf das deutsche Land, den deutschen Staat zu sprechen. Ist doch ganz natürlich. Warum soll es bei Juden anders sein? Nur weil er in Paris lebt, sollen die beiden Frauen sein Jüdischsein verdrängen? Das hört sich a bissl wie ein Kinderspiel an.

  2. @Yoav: Ich denke Chajm ging es hier darum, dass Nationalität und Glaubensbekenntnis nicht für jeden das gleiche ist. Sicherlich gibt es auf der Welt viele Juden, die für den Staat Israel sind, aber selbst eine andere Nationalität haben. Die sich aber trotzdem in einem gewissen Maße als Israelis sehen. Aber es gibt sicherlich auch viele Juden, die halt ihre Nationalität haben, und sich wenig bis gar nicht für Israel interessieren.

  3. Tja, komisch! Wenn ich einen Juden treffe, frage ich nie, was er von der momentanen Situation inIsrael hält, sondern immer, wie er zur aktuellen Position von Rabbi Schmidtkowski in Boston steht. Ich erhalte aber meistens als Antwort genauso indignierte Blicke!

  4. Also, bislang war das so, dass wenn ich einen Juden traf, entweder gearbeitet oder gefeiert wurde. Aber das geht am Thema vorbei. Zu diesem eine kleine Analogie: Ich bin römisch, und wenn “die da oben” im Klerus mal wieder Mist bauen oder Kondome verdammen etc., höre ich von anderen Römern, dass “die Kirche” ja der Vatikan, die Bischöfe usw. sind. Da wird dann von unsereins, dem Fußvolk, gerne ignoriert, dass “die Kirche” von allen Gläubigen gebildet wird. Verantwortlich im rechtlichen Sinne ist man natürlich nicht, wenn sich einer von “denen da oben” eine Verfehlung leistet, aber als Mitglied der Kirche kann man sich nicht abwenden, darf sich dem nicht entziehen… und v.a. muss man damit leben können, dass man als Römer blöde Sprüche und A*fragen zu hören bekommt. Was die A*fragen angeht, die an Juden gerichtet werden, hilft es den Adressaten natürlich, auf den “Staat Israel” als politischen Körper und demgegenüber auf die politische und nationalstaatliche Nichtverbundenheit großer Teile der Diaspora zu verweisen. Aber kann man die aus der rituellen und traditionellen Gemeinschaft erwachsene höhere Verbundenheit und die damit auch in der Diaspora bestehende religiös-moralische Repräsentierung des jüdischen Staates einfach übergehen, wenn’s einem gerade nicht passt? Klingt wie eine faule Ausrede. Mein Rat: Eier in die Hand nehmen und sich den angeblichen A*lochfragen stellen. (Ist auch gut für’s Selbstwertgefühl.)

  5. @Andreas Buthmann

    sehe ich auch so. Denn Jude ist nunmal nicht gleich Israeli.

    @schmitti

    ihr Vergleich hinkt, denn Juden sind weder automatisch Israeli, noch ist jeder Israeli automatisch Jude.

    Wie Chajm schon ansprach, wehrt sich diese Dame dagegen, dass Sie islamistische Verbreche zu verantworten habe, denn ihr Lebensmittelpunkt wäre ja hier. Aber einen jüdischen Marrokaner wegen Israel dumm anmachen, kann sie dagegen sehr gut. Diese Frau hat sich nicht nur rassistisch geäußert (“weiße Israelis”), sondern legt auch die Doppelmoral an den Tag.

  6. @ Schmitti:

    “Klingt wie eine faule Ausrede.” – ich stimme dir vollends zu.

    @ Yael:

    “Juden sind weder automatisch Israeli, noch ist jeder Israeli automatisch Jude. ” Na und? Es ist auch nicht jeder Deutsche automatisch Bürger der “BR Deutschland”, auch ist nicht jeder BRD-Bürger automatisch Deutscher. Und trotzdem ist es ganz natürlich, dass man sich mit einem Deutschen, ob Bürger oder Nichtbürger, auch über Deutschland unterhalten kann, ohne sich dafür entschuldigen zu müssen! Das Thema liegt einfach sehr nahe. Und ist ja unser Steuergeld, das vom deutschen Nationalstaat ausgegeben wird, um das Deutschtum der Auslandsminderheiten aufrechtzuerhalten – genauso, wie der jüdische Staat es (ganz zu Recht) mit den Auslandsjuden macht. Was die nichtjüdischen Bürger Israels davon halten, interessiert mich – und die meisten Juden – nicht im Geringsten.

  7. Das ist der Kern: Viele Juden fühlen (zurecht) sich verbunden mit Israel etc., aber sie können nicht für Vorgänge im Land Israel haftbar gemacht werden oder sind inoffizielle Botschafter des jüdischen Staates und nicht jeder kann alle Ministerpräsidenten aufsagen. Sie haben eine Bezug, aber aber das war es dann auch… es gibt natürlich auch extrem engagierte Personen – wie überall.

  8. Was hat das mit Israel / Ausland zu tun? Meinst du, die meisten Inlandsjuden können die jüdischen Staatsoberhäupter seit 1948 aufzählen? Mitnichten. In diesem Punkt, genauso wie in puncto Gaza, sind In- und Auslandsjuden kaum voneinander zu unterscheiden.

    Und dennoch wird man auch den ganz normalen Juden, der sich mehr für FC Bayern München / Beytar Jerusalem / Manchester United interessiert als für das Los der Araber in Gaza, auf die Palästinafrage ansprechen *dürfen*. Ob er sich darauf einlässt, ist eine andere Frage, aber das Thema an sich liegt m. E. nahe.

    Mit Haftbar-Machen hat das alles jedenfalls nichts zu tun. Wenn der jüdische Staat Land annektiert(e), tut er das in seiner historischen Verantwortung für das jüdische Volk als solches, ohne Rücksicht auf spezifische Einzeljuden, ganz egal, wo sie leben. Das kann Vorteile, aber auch Nachteile haben. Wenn ich als Jude für irgendwas haften muss, dann nur, weil und sofern ich Jude bin. Und ich lasse mir keine größere Haftpflicht unterstellen als einem anderen Juden, der sein gleiches Recht auf Wahlteilnahme nicht in die Tat umsetzt.

  9. Und überhaupt finde ich die Einstellung, man kann sich nur das (wie auch immer zu bestimmende) Gute im Judentum aussuchen, ziemlich lächerlich. Ich kann Leute nicht ernst nehmen, die sagen: Ich bin insofern Jude, als … (was sie auch immer für gut halten und womit sie sich identifizieren wollen) …, schließe aber …. (was sie auch immer für schlecht halten, etwa die jüdische Besetzung Palästinas) … aus. Entweder zählt man sich zum Kollektiv oder man tut es nicht, aber wenn man es tut, dann muss schon den ganzen Bündel mittragen. Man muss es nicht alles toll finden, aber in Selbstleugnung zu leben und andere dann noch “aufklären” zu wollen, das ist einfach lächerlich. Dann verhält man sich genauso wie die Ultraorthodoxen, die Reformjuden für Nichtjuden halten, weil sie diesen Teil des Bündels nicht wahrnehmen wollen.

  10. ad “haftbar machen”: Chajm, ich stimme dir zu, nur hat das nichts mit dem Leben im Ausland zu tun. Wenn man Juden nicht für jüdische Staatspolitik haftbar machen soll (eine durchaus tragfähige These, da jeder volljährige Jude das Recht auf nur eine Stimme hat, von dem die meisten Juden sowieso keinen Gebrauch machen), dann gilt das für alle Juden, für die Auslands- genauso wie für die Inlandsjuden. Das Verhalten der taz-Weiber, sofern es negativ zu bewerten ist, wäre nicht besser gewesen, wenn die beiden es mir gegenüber vorgetragen hätten.

  11. “Haftbarmachen war bezogen auf haftbarmachen durch den nichtjüdischen Gesprächspartner, der einen als Repräsentant des speziellen Ereignisses sieht. ”

    Nun, genau das ist, darum geht es hier ja.

    Ich zitiere Bubis immer wieder gern:

    „Der Vorsitzenden des Zentralrats der Juden in Deutschland, Ignaz Bubis, erhielt von der Frankfurter Oberbürgermeisterin Petra Roth eine Glückwunschkarte zu Rosch Haschana, dem jüdischen Neujahrsfest, mit der sie ihm Frieden für sein Land wünschte. Er antwortete, er freue sich sehr über ihre Karte und schließe sich ihrem Wunsch nach Frieden gerne an.
    Allerdings könne er sich an den letzten Krieg in Hessen nicht erinnern, der hessisch-bayerische Krieg liege doch nun auch schon wieder viele Jahre zurück.“

  12. ich verstehe die ganze Diskussion überhaupt nicht! Ist doch nun wirklich kein Problem, wenn mich irgend jemand fragt, was ich persönlich davon halte, wie die Israelis mit den Palästinensern umgehen (oder ähnliche Fragen stellen)! Dann sage ich ihm halt meine Meinung dazu und fertig ist’s! Und wenn mir danach wäre, frage ich ihn eventuell sogar nach seiner Meinung dazu! Vielleicht liegen wir ja gar nicht weit auseinander?

    Shalom!

    Miles

  13. Ach, die Palästinenser. Wen schert es? Erinnert sich heute noch jemand an die Heloten? Wird sich in 1000 Jahren noch irgendjemand an die Palästinenser erinnern? Viel interessanter ist doch, was die nächsten Monate bzgl. Iran passiert. Heißer Herbst?

  14. “Es ist dann ein Problem, wenn jemand mitbekommt, man ist jüdisch, dann das Gespräch sofort (das ist schon zwanghaft) auf Israel bzw. die Paläst. kommt.”

    Yael:

    würde ich so nicht unterschreiben wollen! Zumindest meine Erfahrung ist da etwas anders!

    Shalom!

    Miles

  15. Yael hat völlig Recht. Stellt euch mal vor, ihr trefft irgendwo auf einen Russen und steht der Versuchung nicht stand, mit ihm über Russland zu reden. Oder es begegnet euch ein Deutscher und ihr kommt dann aufs Thema Deutschland. Schrecklich! Schließlich leben Deutsche überall auf der Welt, teilweise sind sie dort seit vielen Jahrhunderten verwurzelt! Also, beherrscht bitte eure Assoziationen. Und wenn ihr demnächst auf mich trefft, lasst euch bitte mal “Bombay” einfallen, das gefällt mir so viel besser als Jerusalem. Danke.

  16. Yoav Sapir

    noch einmal: Ich bin deutsche Staatsbürgerin, also Deutsche und keine Israeli (im Gegensatz zu Ihnen).
    Wie beschweren uns jedesmal bei Nichtjuden, wenn sie uns automatisch als nichtdeutsche bzw. israelische ansehen, machen hier aber genau das gleiche. Haben Sie das nicht bemerkt?
    Bitte ersparen Sie mir Ihre völlig danebenliegende Ironie.

    Noch einmal Herr Bubis:

    „Der Vorsitzenden des Zentralrats der Juden in Deutschland, Ignaz Bubis, erhielt von der Frankfurter Oberbürgermeisterin Petra Roth eine Glückwunschkarte zu Rosch Haschana, dem jüdischen Neujahrsfest, mit der sie ihm Frieden für sein Land wünschte. Er antwortete, er freue sich sehr über ihre Karte und schließe sich ihrem Wunsch nach Frieden gerne an.
    Allerdings könne er sich an den letzten Krieg in Hessen nicht erinnern, der hessisch-bayerische Krieg liege doch nun auch schon wieder viele Jahre zurück.“

  17. *Du* versuchst Menschen auf ein Stück Papier zu reduzieren, das man manchmal fast so leicht wechseln kann wie eine Unterhose, willst mir aber im gleichen Atemzug Ignoranz vorwerfen? Na gut, dann bin ich ignorant. Hauptsache, du weißt Bubis zu zitieren. Dann musst du wohl ganz weise und tief einsichtig sein.

    Die Dänen in Mittel- und Südschleswig haben kein Problem, Bürger der BRD zu sein und dennoch Dänen zu bleiben, sich zu Dänemark zu bekennen, zur dänischen Kultur und Sprache, ein dänisches Gymnasium zu besuchen (in dem ich mal zu Besuch war) usw. usf., desgleichen übrigens – aber natürlich umgekehrt – die Deutschen im nunmehr wieder dänischen Nordschleswig. Warum aber die Juden in Deutschland sich mit ihrer Stellung als Minderheit in einem Land, das kein jüdisches Land ist, so schwer abfinden und sogar nach dem Krieg die allerbesten Deutschen werden möchten, bedarf einer psychopathologischen Erklärung. Aber wenn Bubis so ein Möchtegern war, dann müssen wir es wohl alle sein. Gelobt seist du, Ewiger, der du der Gott Abraham (Geigers), Isaak (Deutschers) und Ignatz Bubisens warst und bist, Amen.

  18. Ich bin Jüdin, aber habe keine israelische Staatsbürgerschaft.
    Ich weiß über Israel sicher mehr als andere, weil ich öfter dort war, aber ich bin deswegen keine Expertin israelischer Politik und lasse mich nicht für Israel in welcher Beziehung auch immer, in Haftung nehmen (die, die sofort danach fragen, haben nämlich zu 99,99% diese Intention) und darüber geht es immer noch in Chajms Artikel!!
    Ich sehe mich als Jüdin und Deutsche, andere mögen das aus geschichtlichen Gründen ganz anders sehen, was ich niemanden abspreche, aber ich lasse mir ebenso nicht absprechen, Deutsche zu sein so wie ich auch jüdisch bin (und das im Übrigen von niemanden!)

  19. Na, auf eben diese Unterscheidung – zw. Volkszugehörigkeit und Staatsangehörigkeit – ziele ich ja die ganze Zeit ab.

    Was die Haftung angeht, so sehe ich das ebenfalls genau so wie du, s. obige Kommentare meinerseits. Nur musst du es dann auch mir gelten lassen: Dass ich Jude bin, bildet in diesem Fall noch keinen ausreichenden Grund, mich für die Politik des jüdischen Staates haftbar zu machen, ganz egal, welchen Pass ich habe. Und wenn doch, dann muss es auch für dich gelten. Aber du kannst dir – jedenfalls nicht glaubhaft – in welchen Punkten du zum jüdischen Volke gehörst und wann es dir doch allzu unangenehm wird.

    Machst du es aber vom Pass abhängig, so gerätst du ganz schnell in Absurditäten wie: ein Jude, Bürger der BRD, der als Auslandsjude (es gibt so eine Zulassungsmöglichkeit) bei Zahal seinen Militärdienst leistete (ich kenne so einen), wäre für die jüdische Politik, für die er sein eigenes Leben einsetzte, nicht haftbar zu machen, weil ja kein Bürger Israels ist; während hingegen ein Araber, der ein israelischer Staatsbürger ist und, leider, ziemlich viel Zeit mit antijüdischer Agitation verbringt, demnach doch für die jüdische Staatspolitik haften müsste, die er geradezu bekämpft.

    Darum sage ich: Entweder vertritt man die Position, Juden haben für die jüdische Politik zu haften, die vom jüdischen Staat als nationales Organ des jüdischen Volkes betrieben wird; dann gilt das allen Juden, die ein Recht auf Teilnahme an den Wahlen im jüdischen Staat haben, ganz egal, ob sie (etwa durch Verwirklichung der Einbürgerung) tatsächlich davon Gebrauch machen, oder (wie in meinem Fall) nicht. Oder man meint, Juden haben für die jüdische Staatspolitik nicht zu haften (was “haften” in diesem Zusammenhang auch immer bedeutet), dann gilt es aber allen Juden, ganz egal, wo sie leben, schließlich hat jeder Jude und jede Jüdin das gleiche Recht auf eine Stimme und somit eine gleichermaßen beschränkte Einflussmöglichkeit.

  20. “Dass ich Jude bin, bildet in diesem Fall noch keinen ausreichenden Grund, mich für die Politik des jüdischen Staates haftbar zu machen, ganz egal, welchen Pass ich habe. ”

    Da sind wir uns ja einig.

    “Und wenn doch, dann muss es auch für dich gelten. Aber du kannst dir – jedenfalls nicht glaubhaft – in welchen Punkten du zum jüdischen Volke gehörst und wann es dir doch allzu unangenehm wird.”

    Wenn es so wäre oder ich das so sehen würde, ja, dann sicher. Aber wie gesagt, so sehe ich das nicht so. Ich kann in Israel nicht wählen und auch wenn man dort wählt, kann kein Jude für Verfehlungen in der israel. Politik verantwortlich gemacht werden.

    “Oder man meint, Juden haben für die jüdische Staatspolitik nicht zu haften (was “haften” in diesem Zusammenhang auch immer bedeutet), dann gilt es aber allen Juden, ganz egal, wo sie leben, schließlich hat jeder Jude und jede Jüdin das gleiche Recht auf eine Stimme und somit eine gleichermaßen beschränkte Einflussmöglichkeit.”

    Das meinte ich. Denn niemand, egal wo er lebt, kann für die Politik des Landes haftbar gemacht werden, denn, wie du schreibst, die Einflussmöglichkeit des Einzelnen sind viel zu gering.
    Wahrscheinlich entstand der Eindruck, ich würde jeden Israeli für die Politik verantwortlich oder haftbar machen, aber das ist dann falsch.

  21. Bis auf eine Kleinigkeit: Natürlich kannst du in Israel wählen, sofern du da als Jüdin qualifizierst etc. Ob du vom dir zuerkannten Recht, Staatsbürgerin zu werden, Gebrauch machst, ist eine andere Frage. Auch ich *könnte* wählen bzw. *hätte* an den letzten Wahlen teilnehmen können, habe es aber nicht gemacht. Es war aber meine Entscheidung. Genauso ist es die Entscheidung eines jeden Juden, der sich in Israel einbürgern lassen kann, ob er das tut oder nicht. Und das ist ja, allgemein gesehen, der große Unterschied: Juden können es normalerweise (sich einbürgern lassen, wählen, gewählt werden, Sozialleistungen beziehen etc.), Nichtjuden können es normalerweise nicht. Mit dem Pass hat es jedenfalls nichts zu tun: Kein Jude wird aufgrund seines Passes zurückgewiesen und kein Nichtjude aus diesem Grunde zur Einbürgerung angenommen.

  22. “Jude, Nicht-Jude, Deutscher, Israeli, Jude mit deutschem Pass, Israeli ohne Jude zu sein, die Politik des Staates Israel – und darauf angesprochen zu werden … etc, etc, etc.!” 🙂

    Mann oh Mann, diese Probleme möchte ich mal haben! Leute, ich hatte gerade eben die zweite Type im OP – Nachtdienst im Klinikum und das am Shabbat, wo ich eigentlich nicht mal ein Notebook einschalten dürfte! Glaubt mir, wenn überhaupt, dann ist das ist ein Problem und nicht die Petitessen, die Ihr hier gerade auswälzt! 🙂

    Shalom!

    Miles

  23. “Natürlich kannst du in Israel wählen, sofern du da als Jüdin qualifizierst etc. ”

    Hallo Yoav, kannst du das näher erleutern, davon höre ich zum ersten Mal.

    Miles, du hast mein vollstes Mitgefühl. 🙂
    Mein Schabbat war übrigens sehr erholsam. 😉

  24. Du kannst genauso gut auch behaupten, dass Arbeitslose in Deutschland von sich aus nichts vom Staat kriegen, da sie erst das Bürokratische durchmachen müssen. Es ist aber schon klar, dass der jüdische Staat keinem Juden hinterherläuft und ihm einen Wahlzettel aufzwingt, genauso, wie der deutsche Staat keinem Menschen hinterherläuft und ihm einen Wohnungsberechtigungsschein aufzuzwingen sucht. Aber man hat das Recht darauf. Und Menschen, die sich dort – nochmals: sehr allgemein formuliert – als Juden qualifizieren, haben ein unveräußerliches Recht, auch an den Wahlen teilzunehmen. Ob sie von diesem Recht Gebrauch machen, ist, wie schon oben gesagt, eine andere Frage. Es gibt in Deutschland ja auch Arbeitslose, die aus psychologischen Gründen nicht wollen, vom Staat das Existenzminimum zu bekommen. Aber das bedeutet nicht, dass es ihnen verwehrt ist.

  25. “Menschen, die sich dort als Juden qualifizieren”!

    YS:

    wow, “sich für’s Judentum qualifizieren”! Super, diese Formulierung! Ich hätte bis eben gerade nämlich nie gadacht, dass es eine “Qualifikation” als Jude überhaupt geben könnte! 🙂 Ich dachte naiverweise immer, die einzigen Dinge, für die ich mich in meinem Leben qualifiziert hätte, waren zum einen “die Erlaubnis, ein KFZ im Strassenverkehr führen zu dürfen” , sowie die “Zulassung zum Beruf des Arztes” zum anderen. Zu mehr habe ich es in meinem Leben nämlich leider nicht gebracht; um so schöner jetzt zu wissen, dass ich auch noch eine dritte Qualifikation besitze! 🙂

    Shalom

    Miles

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