»Was machen die da im Internet?« fragt vielleicht der Leser der Jüdischen Allgemeinen, oder der FAZ, der noch nicht so recht weiß, was das Medium bringen soll. Obwohl: Gibt es tatsächlich noch jemanden, der noch nichts damit anfangen kann? Letztendlich hat es sich herumgesprochen, dass sich hier leicht Öffentlichkeit organisieren lässt - wenn man mit seinen Inhalten Öffentlichkeit erreichen kann. Natürlich gibt es auch Netzangebote die niemanden interessieren. Für Gruppen oder Organisationen die Outreach/Kiruv betreiben (müssen) ist das Internet mittlerweile der beste und günstigste Weg, mögliche Interessenten zu erreichen. Allerdings ist die Pflege der Kontakte nicht ganz kostenlos zu haben. Sie erfordert Zeit und Engagement. Vor allem darf die Internetpräsenz nicht lustlos mitlaufen. Homepages von Gemeinden, die 2010 noch Termine von 2008 verkünden, machen keinen lebendigen Eindruck. Die Bloggerversammlung re:publica in Berlin war Anlass für die Jüdische Allgemeine, das Thema aufzugreifen. So gibt es ein Interview mit dem Macher von yeahthatskosher.com - von dessen Blog ich dort das erste Mal erfuhr. Ein jüdisches Reiseblog. Eine super Idee, gute Texte, total vollgepackt mit Werbung. Das Interview kratzt an dem, was Blogs sein könnten. Aufschlussreich ist ein Text in der gleichen Ausgabe der JA über das Knüpfen religiöser Kontakte: »Im Internet religiöse Kontakte knüpfen und eine jüdische Gemeinde finden – ein Selbstversuch«. Der Autor war anscheinend nur eingeschränkt erfolgreich bei seiner Suche nach Jüdischen Gemeinden in den sozialen Netzwerken, dabei gibt es gerade bei Facebook eine Reihe von Gruppen und Organisationen für Jüdinnen und Juden in Deutschland. Aber der Autor ist zunächst auf das, etwas obskur wirkende, Profil einer Gemeinde Hohenheim gestoßen. Bei diesem Profil scheint es sich um eine Fakeidentität zu handeln. Die begegnen dem jüdischen Internetnutzer seitdem es das Internet in Deutschland gibt. Wer jüdische Gruppen oder Kontakte sucht, könnte sich Judaismus anschauen (die Nachfolgegruppe der gleichnamigen Mailingliste von talmud.de), die Gruppe des Bundesverbandes Jüdischer Studierender, die Seite der Jüdischen Gemeinde Kiel oder lokal eher Jüdisches Ruhrgebiet. Auch der Arbeitskreis jüdischer Sozialdemokraten ist vertreten und stets findet man jemanden, der einen weiter vernetzt und weiter vermittelt. Auf der anderen Seite wird vorgegeben, jüdische Interessen zu vertreten. So geistert seit einiger Zeit eine Jewish Defense League Deutschland durchs Facebook, deren Gründer ein junger Nichtjude aus Westfalen ist. Wer vorsichtig und umsichtig ist, findet also vielleicht eine vernünftige Gruppe oder Verantwortliche in den Gemeinden und Gruppen können sich anschauen, wie man Communities um die Gemeinden herum aufbaut. Vielleicht sollte man einen Preis für die aktivste und attraktivste Website einer jüdische Gruppe im deutschsprachigen Raum ausloben? Das könnte vielleicht das deutschsprachige jüdische Web noch etwas mehr beleben, wenn es schon die Aussicht auf neue Aktive in den Gemeinden nicht tut.