In den Chanukkahtagen wird die Geschichte des Ölwunders häufig erzählt und das Setting der Geschichte tritt ein wenig in den Hintergrund. Der bewaffnete Kampf gegen die Herrschaft der Seleukiden unter König Antiochos IV einerseits und der bewaffnete Kampf gegen diejenigen Juden, welchen den hellenistischen Lebensstil der Eroberer annahmen. Also erst ein waschechter Bürgerkrieg. So ist das erste Todesopfer des Kampfes auch ein Jude und nicht ein Soldat des Seleukidenreiches, so kann man es jedenfalls im 2. Kapitels des Makkabäerbuches nachlesen. Fortan wurde gegen die Besatzer und die hellenisierten Juden vorgegangen. Der Raub des Tempelschatzes mit der Entweihung dessen, ließ das Fass überlaufen und so begann ein Kampf, den man früher als Guerillataktik bezeichnet hätte. Heute käme einem vielleicht auch eine Entsprechung von Terrorismus in den Sinn. Kleine Gruppen, die sich wichtige Ziele vornehmen, um den großen Feind empfindlich zu schwächen. Übrigens war Antiochos IV jemand der herausfand, dass sich Tempel im Allgemeinen gut als Einnahmequelle eigneten. So wollte er sich nach der Niederlage in der Elymais den Tempel der Artemis zu plündern,wurde aber auch dort geschlagen und kam sogar auf dem Rückzug ums Leben. Jehuda Makkabi kämpfte, das ist allgemein bekannt, gegen die eigenen Leute und gegen die Fremdherrschaft und die Krönung seines Sieges war die Wiederherstellung des Tempels und des Tempelg-ttesdienstes. Das Potential solcher Ideen - gegen die Assimilierung mit Gewalt vorzugehen - ist wohl schon rechtzeitig erkannt worden, denn es scheint nicht zufällig zu sein, dass wir zur Chanukkahzeit eine Haftarah von Sacharja lesen: „Nicht mit Macht und nicht mit Kraft, sondern nur durch meinen Geist, spricht HaSchem Zewaot”. So ist es interessant, dass das Assimilationsfeindlichste Fest, seinen modernen Charakter gerade aus Elementen bezieht, die nicht ausschließlich aus jüdischen Quellen stammen (siehe auch hier):

Und genau hier liegt das allergrößte Problem, das Channuka bietet: Inwieweit wurden Bräuche der römischen Religion übernommen? Die Frage liegt sicherlich für viele gläubige Jüdinnen und Juden nicht derart auf der Hand wie die Abgrenzung zum christlichen Fest, schon weil die römische Religion nicht mehr praktiziert wird, wohingegen man sich weihnachtlichen Symbolen kaum entziehen kann. Fest steht: Eigentlich jede Religion feierte in der dunkleren Jahreszeit ein Fest, an dem das Licht eine zentrale Rolle spielte. Fest steht auch, dass die Geschichte vom Wunder des Tempelleuchters relativ spät dokumentiert ist - in der Mischna findet sich kein derartiger Hinweis. Dies wird allerdings teilweise dadurch erklärt, dass die Rabbiner unter der - inzwischen römischen - Besatzung eine Geschichte vom Sieg weniger mutiger Juden über eine militärische Übermacht nur zurückhaltend erzählen durften, denn ein Guerrilla-Krieg war verständlicherweise etwas, was bei der römischen Armeeführung Nervosität auslöste. Ab wann Channuka mit einem Wunder im Tempel in Verbindung gebracht wurde, ist daher nicht abschließend geklärt. Von einigen Weisen wird sogar die Nähe zu Sukkot für die achttägige Dauer angeführt - beide Feste würden das Thema des “Behaust-Seins” thematisieren. Dass es aber genau zu der Zeit, wo heute Channuka liegt, ein römisches Fest zu Ehren von Saturn gab, an dem man sich gegenseitig mit Kerzen beschenkte, dürfte den frommen Juden beunruhigen, sobald er es erst einmal erfahren hat. Im schlimmsten Fall sieht es dann also so aus: Neben einem - keltischen - Tannenbaum entzündet man einem römischen Brauch zufolge Kerzen, was einem etruskischen Götzenritual entspricht. Und das alles für ein jüdisches Symbol - den Tempel - welches heute ebenfalls sehr umstritten ist. von hier

Die Saturnalien eine Quelle für Chanukkahbräuche? Heute singen wir Maos Zur zu einer Melodie von Martin Luther, Hava Narima zur gleichen Melodie wie das christliche Adventslied „Tochter Zion, freue dich”, die wiederum 1747 von Händel für das Oratorium Judas Maccabaeus bzw. zuvor für Josua geschaffen wurde. Die Nähe zu Weihnachten scheint also doch erheblichen Druck aufgebaut zu haben und die Popularität von Chanukkah ist ungebrochen. Wahrscheinlich auch, weil die Grundgeschichte von jüdischem Selbstbewusstsein erzählt und von Stärke. Je mehr man aber dem Fest Chanukkah als jüdisches Fest nachgeht, alle Stränge und Hinweise verfolgt, desto interessanter wird es…