Faruk ?en, der Leiter der Stiftung Zentrum für Türkeistudien in Essen denkt offenbar, Türken würden in Europa systematisch verfolgt, inhaftiert und getötet. Wie sonst kommt er dazu, zu behaupten, die „Die Türken sind die neuen Juden Europas”? Unter der Überschrift „Die neuen Juden Europas“ veröffentlichte das Blatt „Referans“ am 19. Mai einen kommentierenden Beitrag Sens, in dem dieser schrieb, „bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts sei es nicht einfach gewesen, in europäischen Ländern ein Jude zu sein“.

Nach einem Rückblick auf die Aufnahme von Juden durch das Osmanische Reich nach 1492 und durch die Türkische Republik zwischen 1933 und 1945 fuhr Sen fort: „Fünfmillionenzweihunderttausend Türken leben in Europa, das durch große Grausamkeiten diesen Kontinent judenfrei zu bekommen versuchte. Sie wurden die neuen Juden Europas. Obwohl unsere Menschen, die seit 47 Jahren in Mittel- und Westeuropa beheimatet sind, 125.000 Unternehmer mit einem Gesamtumsatz von 45 Milliarden Euro hervorgebracht haben, werden sie – wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß und unterschiedlichen Erscheinungsformen – wie die Juden diskriminiert und ausgeschlossen.“ von hier

Die FAZ zitiert weiter:

„Als europäische Türken können wir Ihre Bedeutung für die Türkei gut einschätzen. Wir, fünf Millionen zweihunderttausend mit gleichem Schicksal (kaderdainiz) in Europa, die neuen Juden Europas, können Sie am besten verstehen. Seien Sie nicht traurig wegen der antisemitischen Tendenzen einiger Gruppen in der Türkei. Als türkisches Volk und als neue Juden Europas unterstützen wir Sie.“ von hier

Die Stiftung Zentrum für Türkeistudien, der ?en vorsteht, ist ein Institut an der Universität Duisburg-Essen und reagierte mehr als prompt mit einer Relativierung des ?enzitats aus der FAZ:

Obwohl nach meiner Überzeugung Türkeistämmige in Europa von beträchtlicher gesellschaftlicher Ausgrenzung betroffen sind, verbietet sich der Vergleich mit der Verfolgung der Juden. Meine Absicht war nicht die Verharmlosung des Holocaust und ich bedauere, wenn der Artikel in Referans diesen Eindruck erweckt hat. Sein eigentlicher Ausgangspunkt war, gegen Antisemitismus in der Türkei Stellung zu beziehen und insbesondere die Auslandstürken, die in einer mitunter schwierigen Situation in Europa leben, für eine drohende Ausgrenzung der Juden in der Türkei zu sensibilisieren und an ihre Solidarität zu appellieren. Der Artikel sollte nicht als Relativierung der historischen Wahrheit gelesen werden. von hier

Absicht war es also nicht, aber mehr als fahrlässig, seine persönliche Wahrnehmung derartig undifferenziert in die Medienlandschaft zu pusten. Niemals war die Situation der Türken in Deutschland auch nur annähernd so, wie eingangs geschildert. Wenn ?en falsch zitiert worden wäre, hätte er in den Wochen zwischen dem 19. Mai und dem heutigen Tag ausreichend Zeit dazu gehabt, dieses Missverständnis aufzulösen.