Jörg Lau hat es (dankenswerterweise) bemerkt: Eine Kirche wird Synagoge - aber für Deutschland müsste es heißen, Noch eine Kirche wird Synagoge, denn derzeit wird ja die ehemalige Paul-Gerhard-Kirche in Bielefeld zu einer Synagoge mit Gemeindezentrum umgebaut (wie es hier zu lesen war, nicht ganz ohne Protest der Anwohner, früheren Nutzer und anderer Bedenkenträger).Nun kommt Speyer hinzu. Die ehemalige St. Guido Kirche im Stadtkern wird für rund 2,5 Millionen Euro zu einer Synagoge umgebaut.

In seinem Blogeintrag darüber fragt Jörg Lau aber auch:

Wäre es denkbar, eine Synagoge als Kirche umzunutzen? Schwer, und zwar nicht nur in Deutschland. Das hat etwas mit dem Anspruch des Christentums zu tun, das Judentum gleichsam aufzuheben - “wir aber predigen den gekreuzigten Christus, den Juden ein Ärgernis”.

Ja - kann man da antworten - das ist denkbar und ist ja früher auch massiv forciert worden. In Spanien gibt es einige Kirchen, die früher einmal Synagoge waren. Hier war die Nutzungsänderung jedoch wenig freiwillig. Auch nach der Schoah gab es in Deutschland einige Nutzungsänderungen. So etwa in Coesfeld und dieser Wechsel ist schmerzhaft. Zwar erinnert dort eine Tafel an die ursprüngliche Bestimmung des Gebäudes, aber allein die Tatsache, dass niemand mehr nach 1945 am Ort war, der die Synagoge hätten nutzen können und sie deshalb einfach einer neuen Bestimmung zugeführt wurde, stimmt mehr als nachdenklich. Zudem wird sie heute von einer Freikirche genutzt und gerade die Freikirchen unterstützen die Judenmission in erheblichem Maße.

In London zeugt ein Gebäude von einer Nutzungsänderung der besonderen Art. Die Spitalfields Great Synagogue wurde 1743 als Hugenottenkirche errichtet, 1819 wurde sie in eine methodistische Kapelle umgewidmet und gar zu einem methodistischen Zentrum für die Judenmission. 1896 kaufte die jüdische Gemeinde Machsike Hadass das Gebäude und machte daraus eine Synagoge. Sie überstand die Bombenangriffe auf London und wurde nach dem Krieg im großen Stil restauriert. 1951 galt sie als eine der größten orthodoxen Synagogen Londons. Aber auch hier machten sich die Änderungen in der Bevölkerungsstruktur des East Ends bemerkbar und so gab es 1972 nicht einmal einen Minjan mehr. Die Synagoge wurde verkauft. 1976 wurde aus dem Gebäude dann eine Moschee für pakistanische Muslime. Die Weiter- und Andersverwendung von Synagogen, Kirchen und neuerdings auch Moscheen ist also kein ganz neues Thema. Wenn wir aber über die Nutzung von Kirchen als Synagoge reden, vergessen wir nicht, wie viele Kirchen früher anstelle einer Synagoge errichtet wurden und hier liegt der feine Unterschied: Nicht anstelle von, sollte ein Sakralbau verwendet werden. Bei vielen Synagogen war dies der Fall und aufgrund der historischen Konstellation würde ich dies auch für das Beispiel Coesfeld gelten lassen.