eine Folge der Schoah? Israel ist keine Folge der Schoah? Israel ist selber schuld an seiner Misere?

So könnte man drei Zeitungsartikel zusammenbringen, die sich mit Israels Jubiläum beschäftigen. Serdar wies hier freundlicherweise auf einen Artikel von Micha Brumlik hin. Brumlik geht darin der Frage nach, ob die Gründung des Staates Israel eine Folge des Kalten Krieges war, oder eine Folge der Schoah:

Ein Blick auf die in sich widersprüchliche Geschichte des Zionismus und seiner vielen Strömungen von ganz links bis nach ganz rechts zeigt, dass nicht wenige Zionisten dort gar keinen klassischen Nationalstaat, sondern ein kulturelles Zentrum für die Juden in aller Welt anstrebten. Auf jeden Fall wäre es ein Missverständnis, den Zionismus lediglich als Reaktion auf den Antisemitismus anzusehen. Jüdische Intellektuelle wurden ebenso zu Nationalisten wie Intellektuelle anderer ethnischer Minoritäten und Majoritäten. Dennoch: Als die zionistischen Vereinigungen jedoch unter dem Eindruck des Holocaust im Mai 1942 in New York eindeutig für die Gründung eines ethnischen Nationalstaats optierten, waren die Würfel gefallen. von hier

Marek Halter dagegen widerspricht der Legende (oder Unterstellung), Israel sei eine Folge der Schoah. In seinem Artikel für die Welt schreibt er darüber, wie der Zionismus auch in der arabischen Welt die Idee einer Staatsgründung populär gemacht hat.

Die “Jewish Agency for Palestine”, die Regierung eines Staates im Werden, deren Führung David Ben Gurion 1935 übernahm, geht auf die Zeit nach dem Ersten Weltkrieg zurück, als die Region von den besiegten Ottomanen verlassen und von den Briten besetzt wurde. Das Parlament der Juden Palästinas wurde zwischen 1920 und 1944 viermal demokratisch gewählt. Die allmächtige Gewerkschaft, die Histadrut, trat 1920 ins Leben, ebenso wie die Sozialversicherung Kupat Holim und die Verteidigungsorganisation Haganah, Israels Armee. Die wichtigsten israelischen Tageszeitungen entstammen dem Jahr 1919, vor allem “Haaretz”, das führende Blatt des Landes. Die Hebräische Universität zu Jerusalem wurde 1925 auf dem Skopusberg eröffnet und das Weizmann-Institut für Wissenschaften 1934 in Rehovoth. Das Technion, die Technische Hochschule von Haifa, wurde sogar schon 1914 ins Leben gerufen, also Jahre vor der Deklaration jenes englischen Lords, der den Juden 1917 eine nationale Heimstätte in Palästina in Aussicht stellte. von hier

Zur Misere in der Israel gesehen wird: Laut Tagesspiegel beachteten türkische Tageszeitungen in Deutschland den Geburtstag Israel überhaupt nicht und wenn, dann gleich in heftigerer Form:

Auch der 60. Gründungstag Israels spielte in den gängigen türkischen Blättern wie „Hürriyet“, „Türkiye“ und „Milliyet“ keine Rolle. Ganz anders hingegen in der islamistischen „Milli Gazete“, die in Deutschland eine gedruckte Auflage von 3000 Exemplaren hat. Das vom Bundesamt für Verfassungsschutz beobachtete Blatt schrieb am Sonntag: „Auch im 60. Gründungsjahr ist Israel, das Blut, Brutalität und Terror alltäglich gemacht hat, ein Ungemach für die Welt.“ von hier

Verhöhnend heiße es weiter in der Zeitung:

„Der zionistische Staat Israel, der es nicht schafft, auf dem von ihm besetzten palästinensischen Boden die Juden, die er in der ganzen Welt einsammelt, zufrieden zu stellen, und der auch bei den Muslimen und Christen Staatsterror anwendet, feiert mit der Angst vor Kassam-Raketen sein 60-jähriges Bestehen.“ von hier

Auf der Internetseite der betreffenden Organisation wird keine eigene Stellung bezogen, sondern eine Pressemeldung über den Protest einer dritten Partei berichtet:

„Wir feiern Israels Geburtstag nicht“ Mit dieser Überschrift veröffentlichten 100 prominente Juden aus Großbritannien in der Zeitung „The Guardian“ eine Erklärung zum 60. Jahrestag der Gründung Israels. Sie werfen Israel „ethnische Säuberung“ und Missachtung der Menschenrechte vor. von hier

Und siehe da! Der Kreis schließt sich, denn die 100 prominenten Juden beten das Märchen nach:

Es sei nun an der Zeit, „die Erzählung der anderen anzuerkennen, den Preis, den ein anderes Volk für den europäischen Antisemitismus und Hitlers völkermörderische Politik gezahlt hat.“ auch von hier

Vor diesem Hintergrund kann es also nicht schaden, die Texte von Brumlik und Halter zu kennen.