Es gibt ein Land, in dessen Sprache das Wort für „Frau” wörtlich übersetzt bedeutet „von niederer Geburt” und das Wort für „Mann” dementsprechend „Wesen höherer Geburt”. In diesem Land ist der Besuch vieler heiliger Stätten Männern vorbehalten. In der Religionsauslegung dieses Staates ist seine Religion die einzig richtige. Das ist eigentlich keine Kultur, mit der man sich hierzulande unkritisch auseinandersetzen würde: Dennoch hissten gestern zahllose Gemeinden und Städte vollkommen unkritisch die Fahne des Landes. Es handelt sich natürlich nicht um den Iran. Es handelt sich um Tibet. Dessen Autonomie und Wiedereinsetzung der ursprünglichen Regierung bedeutet die Wiedereinsetzung der Theokratie und die Wiederherstellung eines feudalen Systems in dem die großen Klöster den Hauptanteil des Landes besitzen und das Blidungswesen dominieren. Über diese werden dann auch alle wirtschaftlichen Aktivitäten abgewickelt. Für diese Staatsform werden hier die Flaggen gehisst und in den Augen der chinesischen Regierung jede Kritik an deren Vorgehen ad absurdum geführt; denn man kann anschließend nicht hergehen und behaupten, man engagiere sich für die Befreiung des tibetischen Volkes. Die Besetzung Tibets und das Vorgehen Chinas in dieser Region soll damit nicht gerechtfertigt werden; aber man darf seine eigene Position getrost auch mal hinterfragen.