Der „Zug der Erinnerung” rollt derzeit durch Deutschland und macht in vielen Bahnhöfen Halt. Er besteht aus mehreren Waggons, in denen die Geschichte der europäischen Deportationen in beispielhaften Biografien nacherzählt wird. Schwerpunkt der Ausstellung sind die Deportationen in Deutschland: die Einbestellung der Menschen (in Deutschland schön ordentlich per Brief), das Herrichten und Verlassen der Wohnungen, der Weg zu den Sammellagern und von dort am helllichten Tag durch die Dörfer und Städte zu den wartenden Zügen. Die Reichsbahn berechnete übrigens für jeden transportierten Juden einen Fahrpreis dritter Klasse zum gültigen Tarif, inklusive der Kilometerberechnung, auch wenn die Menschen in Viehwaggons befördert wurden: vier Pfennig pro Streckenkilometer. Kinder unter zehn zahlten den halben Preis; Kleinkinder unter vier reisten kostenlos (Die Preise sind nachzulesen im „Deutschen Kursbuch, Jahrsfahrplan 1942/43, gültig ab 4. Mai 1942)”. Gruppentarife wurden gewährt, wenn mindestens 400 Personen zu befördern waren. Für die mitreisenden Bewacher musste übrigens eine Rückfahrkarte gelöst werden. Die Kosten für diese „Gruppenfahrten” wurden dem Antragsteller der Fahrten in Rechnung gestellt. In allen Fällen war dies das Reichssicherheitshauptamt. Die Reichsbahn war also nicht eine Organisation die man zum Zwecke des Transports missbrauchte, sie war Teil des gesamten industrialisierten Mordsystems. Der „Zug der Erinnerung” erinnert daran. Unterstützt wird das nicht gerade von der Bahn. Sie verdient mit dem Zug Geld: Je nach Ort kostet das Gedenken mal 225 Euro, mal 450 Euro pro Tag. Insgesamt handelt es sich um Beträge von mehreren zehntausend Euro. Weitere Summen in fünfstelliger Höhe will die Bahn AG für die Nutzung des Schienennetzes auf dem Weg zur Gedenkstätte Auschwitz einziehen: im Durchschnitt 3,50 Euro pro Kilometer. Da der ‘Zug der Erinnerung’ über 6.000 Kilometer zurück legt, ist mit etwa 25 000 Euro zu rechnen. Der absehbare Gesamtbetrag, den die DB AG für die Erinnerungsarbeit deutscher Bürgerinitiativen fordert, steigt inzwischen auf über 70 Tausend Euro.

Als der Zug kürzlich in Düsseldorf hielt, kam das zur Sprache. Der Verwaltungsdirektor der Jüdischen Gemeinde dort war, verständlicherweise, sehr empört über die Tatsache, dass man sich die Erinnerung bezahlen lässt. Wie es heißt, habe er sich zu einem fatalen Vergleich hinreißen lassen: Laut Rheinischer Post und Pressemitteilung der Bahn soll Szentei-Heise bei der Eröffnung einer Gedenkausstellung zu den Juden-Deportationen mit Hilfe der damaligen Reichsbahn in Düsseldorf gesagt haben, wenn Mehdorn während der NS-Zeit „in derselben Position gewesen wäre wie heute, hätte er mit großer Überzeugung Deportationen angeordnet”. Nun will die Bahn juristisch gegen Szentei-Heise vorgehen und hat laut Frankfurter Rundschau auch schon Anzeige erstattet. Damit hat Szentei-Heise sich keinen Gefallen getan, die Sache aber ins Gespräch gebracht. N-Vergleiche leisten nie irgendjemandem einen Dienst, ganz besonders nicht der Sache, um die es eigentlich geht. Zugleich generieren sie aber Aufmerksamkeit. Wenn er das kalkuliert hat um die Tatsachen bekannt zu machen, Hut ab. Wenn er das sagte, weil er nicht darüber nachdachte, dann ist es nicht so besonders clever gewesen.