Rabbiner Dr. David Einhorn (1809-1879) war offenbar kein Mann der Kompromisse und einer der früheren Reformer der noch eine Ausbildung an einer Jeschivah genoss. Das verband ihn mit vielen Rabbinern der frühen Reform. Bei der Rabbinerversammlung von 1845 in Frankfurt gehörte er zu den Unterstützern des Gebets in Landessprache (gegen die Position von Zacharias Frankel), zur gleichen Zeit wandte er sich gegen den Frankfurter Reformverein, dessen Ideen er missbilligte. Nach einigen Rückschlägen in Kontroversen die er führte, wie gesagt - er war wohl kein Mann der Kompromisse - ging er in die USA und wurde 1855 Rabbiner der Gemeinde Har Sinai in Baltimore. Schon kurz nach seiner Ankunft wurde er Zeuge der Rabbinerversammlung von Cleveland unter Isaac Mayer Wise zu dem Einhorn, natürlich, in Opposition ging. Übrigens trat er 1861 auch gegen die Sklaverei ein, was ihm in Baltimore schnell gefährlich wurde. Nachdem die Gefahr bestand, man könne ihn aufknüpfen, ging er nach Philadelphia (1863) und 1866 nach New York. In Baltimore veröffentlichte er eines seines seiner wichtigsten Werke, den Siddur Olat Tamid, zunächst in deutsch-hebräisch, später auch englisch-hebräisch. Er orientierte sich dabei an der theoretischen Vorarbeit von Leopold Zunz zur Geschichte des jüdischen Gebets. Das spätere Union Prayer Book orientierte sich stark an dem Werk von Einhorn. Der Ansatz ist radikal in der Reform aber dennoch interessant und für uns heute sehr aufschlussreich. Im Mittelpunkt des Judentums stand für Rabbiner David Einhorn „Israels messianischen Beruf an der ganzen Menschheit“, wie Ismar Elbogen schrieb und diese selbstbewusste Überzeugung kommt natürlich auch in den Texten des Gebetbuches zum Ausdruck. Die Aussagen der Teile die Einhorn für den deutschsprachigen Teil schuf, sind voller Selbstbewusstsein. Ein Teil dieses wichtigen Siddurs habe ich neu gesetzt, sowohl den hebräischen Text, als auch den deutschen (Text in Fraktur ist nicht mehr für jeden leicht zu lesen), mit einigen wenigen Erweiterungen versehen und nur minimalst sprachlich bearbeitet. Zunächst die Gebete für den Schabbat. Wie in der Originalausgabe wechseln sich hebräischer und deutscher Text ab. Die deutsche Übersetzung des hebräischen Teils ist also bewusst in Fußnoten gesetzt. Damit ist der Text nun also wieder ein breiteren Öffentlichkeit in neuem Gewand zugänglich und das übrigens auch gedruckt.

Einhorn-Siddur Wie man auf dem Foto des ersten gedruckten Exemplars schon erkennen kann, wurden bei der Neusetzung des hebräischen Textes die Mütter mit berücksichtigt, wie es bei Masorti, Liberal und Reform mittlerweile allgemein üblich ist. In der vorliegenden Ausgabe findet man ein Kabbalat Schabbat mit dem Abendgebet am Schabbat, Schacharit für Schabbat mit zusätzlichen Einschüben für besondere Schabbatot, wie etwa für den Schabbat Schekalim, und Gelegenheiten wie etwa für ein neugeborenes Kind. Im Anschluss daran auch die zusätzlichen Torahlesungen für die besonderen Schabbatot (kann man in der Preview sehen). Den Abschluss bildet ein Teil, den Einhorn häusliche Gebete genannt hat, wie etwa das Schma vor dem Schlafengehen oder ein Gebet für Kinder. Als Nachwort sozusagen findet man eine Auflistung von Änderungen. Der Ansatz ist radikal, die deutschen Texte jedoch spannend und großartig zu lesen. Bei einer ersten Vorstellung bekam ich schon einiges an Feedback, was man noch ergänzen könnte. Mit Sicherheit werden diese Vorschläge später einmal aufgenommen und bei ausreichendem Interesse werden Ausgaben folgen für Wochentage, die Schalosch Regalim und die Hohen Feiertage.