ist scheinbar Henryk Broder auf Michel Friedman. Michel Friedman hat einen Coup gelandet und lässt in einem Interview mit Vanity Fair in die seltsame und bizarre Welt eines Antisemiten blicken, der Interviewte scheute auch nicht vor der Leugnung der Schoah zurück und offenbart ansonsten, dass er sich als ein von G-tt Berufener sieht, der Deutschland - nein, die Deutschen - und die Welt vor der Jüdischen Weltverschwörung retten muss. Unter der Regie von Friedman demontiert sich der Mann also selbst. Das ist nun wiederum so genial, dass andere neidisch werden könnten und man kann den leisen Verdacht, dass der Neid Henryk Broder ein paar Sätze diktiert haben könnte, denn der findet das Interview scheinbar gar nicht gut:

Es gibt im Verhältnis zwischen Juden und ihren Feinden eine pathologische Komponente, die schwer zu begreifen ist. Sie geht weit über das hinaus, was seit 1973 als “Stockholm-Syndrom” bezeichnet wird: die emotionale Affinität von Geiseln zu ihren Entführern. Es gibt Juden, die sich schon präventiv anbiedern und unterwerfen, ohne entführt worden zu sein, sozusagen als Geste des guten Willens. Wie eine Frau, die aus Angst vergewaltigt zu werden, absichtlich die Nähe des Vergewaltigers sucht. von SPIEGEL online

Es gehört schon übermäßig viel dazu, ausgerechnet Michel Friedman vorzuwerfen, er würde sich bei irgendjemandem anbiedern. Übrigens haben die Freunde der Offenen Gesellschaft herausgefunden, dass Broder sich wiederum von recht konservativen Kameraden hat interviewen lassen, also der letzte sein sollte, der ein Recht hat sich darüber zu beschweren. Aber Broder geht noch weiter und bringt Friedman in Zusammenhang mit Ausputzern und Bewährungshelfern von Antisemiten.

Dass ein Jude sich einem Nazi und/oder Antisemiten als Ausputzer und Bewährungshelfer zur Verfügung stellt, kommt nicht sehr oft vor, aber immer öfter. Fried war ein prominenter Einzelfall, kein Ausrutscher.

Bekannte Politiker werden nun im Nachgang zitiert, die angeblich nicht verstehen könnten, wie man der interviewten Person ein solches Forum bieten konnte. Was das Interview nicht war, es war eine Offenlegung einer Gedankenwelt von der so häufig behauptet wird es gäbe sie nicht mehr, weil nicht sein kann, was nicht sein darf. Harald Martenstein findet dagegen im Tagesspiegel die richtigen Worte:

In Deutschland setzt man sich mit dem Rechtsradikalismus nicht auseinander, stattdessen läuft man vor ihm davon. Wenn die NPD einen Wahlerfolg erzielt hat, ist das Fernsehen nicht in der Lage, mit einem NPD-Funktionär ein Interview zu führen wie sonst mit jedem Kannibalen, Ex-Stalinisten oder RAF-Mörder, stattdessen wird der Mann mundtot gemacht. Wer unter Rechtsverdacht steht, wie Eva Herman, wird aus dem Studio getrieben, wenn die NPD vor Schulen Flugblätter verteilt, wagen es Zeitungen nicht, daraus zu zitieren. Dahinter steckt nicht nur eine veraltete Medientheorie, nach der nur das wirklich existiert, was in den Medien vorkommt, mit anderen Worten, dass man Unerfreuliches durch Verschweigen bekämpfen könne – das unkontrollierbare Internet hat diese Theorie beschädigt. Dahinter steckt auch eine irrationale Furcht vor der scheinbaren Allmacht des rechtsradikalen Arguments. Offenbar können Naziparolen durch bloßes Ausgesprochenwerden die Massen verzaubern. Ein Misstrauen haben viele von uns offenbar auch sich selbst gegenüber, denn wer sich mit einem Gedanken wirklich auseinandersetzt, der muss ihn erst einmal in seinem Kopf zulassen. Das alles nützt vor allem den Nazis, deren mythische Größe als Medientabu in einem drolligen Missverhältnis zu ihrer intellektuellen Dürftigkeit steht. von hier: Tagesspiegel

Mit dem letzten Satz aus diesem Zitat sagt Martenstein eigentlich alles, was man zu der Sache sagen könnte, deshalb könnten diejenigen, die das Gespräch nun anprangern ruhig einen Blick in das Interview werfen und entdecken, dass die Faselei von der jüdischen Weltverschwörung nicht dazu taugt jemanden politisch umzudrehen. Es taugt eher dazu, dass die meisten Menschen verständnislos mit dem Kopf schütteln und genau das sollte doch erreicht werden. Keine Mythologisierung (und damit Herstellung einer gewissen Attraktivität), sondern eine Entmythologisierung der ganzen Ideologie. Das ist gelungen, auch wenn andere schmollen…