Kefije Es ist wieder da! Dieses Tuch ist wieder zurück im Straßenbild. Irgendein Designer scheint es wieder zurück in den öffentlichen Raum gebracht zu haben und nun verkehren sich die Symbole. Während die Kippah öffentlich nicht getragen werden kann, so ist das Symbol für den Kampf gegen den Staat Israel und das Judentum ein schickes Accessoire das völlig frei von jeglichem Kontext getragen wird. Zu Beginn des Schabbats wurde ein Rabbiner niedergestochen, weil er als Jude erkennbar war, am Sonntag darauf begegnen einem zahllose Jugendliche mit diesem Tuch. Klar, es ist total warm und kuschelig und irgendwie ist es ja auch links und so. Ich will hier gar nicht die ganze Geschichte des Tuchs wiedererzählen (von dem es mittlerweile ja nun auch eine israelische Variante gibt), sondern nur auf die Koinzidenz hinweisen und auf Menschen und Texte hinweisen, die sich damit schon ausführlich befasst haben. Die FAZ beschreibt, wie das Tuch nach Deutschland kam:

Das Palästinensertuch kam, folgen wir den Hinweisen von Forschern, die sich mit der Geschichte der 68er-Bewegung befaßt haben, in die dafür völlig unvorbereitete Bundesrepublik Deutschland, als sich Mitglieder des Palästina-Komitees - eines Sprosses des Sozialistischen Deutschen Studentenbundes - nach Palästina aufmachten, um sich vor Ort die PLO und deren Kampfmethoden anzuschauen und davon zu lernen. Die gleiche Situation: Die Sonne schien, die Häupter brauchten Schutz. Die Tücher lagen für die Gesandten griffbereit. FAZ-online

Der Verfasser eines Flugblattes schildert die Geschichte ausführlicher:

Ungefähr um 1936 begann der als Mufti von Jerusalem bekannte Amin el-Husseini, das sogenannte Palästinensertuch bei der Bevölkerung durchzusetzen. Gefoltert und/oder getötet wurden diejenigen, die sich dem allgemeinen Zwang nicht beugen wollten und weiterhin europäische Hüte spazierentrugen oder einen westlichen Kleidungsstil pflegten. El-Husseini war einer der engsten Verbündeten der Muslimbruderschaft, die bis heute den ideologischen als auch den organisatorischen Kern der islamistischen Bewegung bildet, die Gruppen wie al Qaida oder eben Hamas umfasst. Ihr gemeinsames Ziel ist der Widerstand gegen die “kulturelle Moderne”. Das Tragen des Palituchs ist Ausdruck einer Abkehr vom Westen, die die Rückbesinnung auf die eigene Kultur beabsichtigt und der eben auch die Homogenisierung der Menschen durch diese – nennen wir es euphemistisch “Kleiderordnung” – dient. Im Prinzip ist die Aussage, die durch diese Tücher gemacht wird, ganz einfach: Wir gehören zusammen, wir sind ein Volk und daraus folgt, dass wer sich weigert als Feind behandelt wird. Es geht nicht nur darum, eine eigene Kultur in Koexistenz aufzumachen, sondern um die Bekämpfung des Westens. Der “Westen” meint in diesem Fall besonders Israel und die USA, gegen die in der gesamten muslimischen Welt in den Moscheen der Djihad (“Heiliger Krieg”) ausgerufen wird. Nicht nur für Arafat, die Hamas, Hizbollah, Bin Laden und Hussein gilt einhellig: “Frieden bedeutet für uns die Zerstörung Israels.” (Arafat 1980) Die ganze muslimische Welt soll sich solidarisieren und identifizieren: “Wir sind alle Muslime. Wir werden alle unterdrückt. Wir werden alle gedemütigt. (…) 1,3 Milliarden Moslems können nicht durch ein paar Millionen Juden besiegt werden.” (Mahathir Bin Mohamad, Premierminister von Malaysia auf der islamischen Spitzenkonferenz 2003) Der Kampf der Islamisten gegen die Juden und gegen Israel kann ebenfalls auf eine längere Geschichte zurückblicken. Die erste große Mobilisierungskampagne der “Muslimbrüder” gegen Juden und Zionisten fand 1936 in Palästina statt. Mit Parolen wie “Nieder mit den Juden” und “Juden raus aus Ägypten und Palästina” wurde damals das bis heute nicht veränderte Ziel artikuliert und in Angriff genommen, diese Länder von jüdischen Menschen zu säubern. von hier

Etwas theoretischer der Text von Jens Jessen in der ZEIT:

Die dogmatische Weigerung, in Konflikten etwas anderes als Klassenkämpfe zu sehen, machte die Linke blind für das Fortleben nationalistischer, rassistischer oder ethnischer Motive. Daher die merkwürdige Unschuld, mit der das PLO-Tuch getragen wurde, ohne im Entferntesten den Vorwurf eines antisemitischen oder auch nur antiisraelischen Bekenntnisses zu fürchten. von hier

Verstörend also, dass ausgerechnet dieses Stück Stoff wieder im Straßenbild angekommen ist. Wo bleibt nur das Zeichen gegen Antisemitismus? Für das Bild gilt die Free Art License