Das lateinische Oremus et pro perfidis Judaeis bedeutet in deutscher Sprache „Lasset uns auch beten für die treulosen Juden“ und war „früher”, also bis 1959/62 Bestandteil der katholischen Karfreitagsliturgie. 1969 wurde dann wohl die katholische Liturgie reformiert und folgende Bitte verwendet:

Oremus et pro Iudaeis, ut ad quos prius locutus est Dominus Deus noster, eis tribuat in sui nominis amore et in sui foederis fidelitate proficere. Lasst uns auch beten für die Juden, zu denen Gott, unser Herr, zuerst gesprochen hat: Er bewahre sie in der Treue zu seinem Bund und in der Liebe zu seinem Namen, damit sie das Ziel erreichen, zu dem sein Ratschluss sie führen will.

Dem jüdisch-christlichem/katholischem Dialog war es ganz zuträglich, dass der Gesprächspartner nicht mehr davon ausging, dass er sein Gegenüber als treulos betrachtete, oder den Partner als verlorene Seele sah. Möglicherweise wird aber der Prä-1969-Zustand nun wieder hergestellt, denn der Papst lässt diese Form der Messe wieder zu:

Dieser Papsterlass hat vorab mindestens so viel Aufsehen erregt wie die erste Enzyklika Benedikts XVI - kein Wunder. Auf den ersten Blick wirkt der Schritt spektakulär: Eine zumindest teilweise Rückkehr hinter eine Reform von vor rund 40 Jahren. “Summorum Pontìficum” - das ist der Titel des Papiers, mit dem der deutsche Papst die lateinische Messe wieder ein Stück weit stärkt. von hier

In Deutschland heißt es, Passagen die sich gegen das Judentum richten, sollen weiterhin nicht gesagt werden:

Unbestätigten Berichten zufolge soll der alte Ritus in der Karwoche unterbleiben. In diesem Punkt bestehen vor allem bei Juden große Bedenken. Der deutsche Salesianerpater Norbert Hofmann arbeitet im päpstlichen Ökumene-Rat, der für die Beziehungen zum Judentum zuständig ist. Er erläutert: “In der Liturgie der tridentinische Messe ist zwar die Formulierung der “perfiden Juden” gestrichen, aber es gibt immer noch ein Gebet zur Bekehrung der Juden und es wird von den Juden gesprochen, die im Dunkeln wandeln.” auch von hier

In der englischen Welt hört sich das jedoch anders an:

Even if that language were not changed, Rev. Neuhaus said relations between Catholics and Jews would remain strong. “We’re not talking about a major part of Catholic worship,” he said. “We’re talking about one sentence that occurs once a year. That’s not to say it is unimportant, but the things done with Catholic-Jewish relations over the past half-century is not going to be compromised. The church’s commitment to a respectful dialogue with Judaism is irrevocable.” The chairman of the board of the Catholic League for Religious and Civil Rights, the Reverend Philip Eichner, said the traditional Good Friday references to conversion are well meaning — not anti-Semitic “We would say everyone who doesn’t see Jesus is living in a certain amount of darkness, and we want them to see the light,” he said. von hier

Nun kann man einwenden: „Hey das ist doch Sache der Katholiken -das ist doch ihre Liturgie” Darauf kann man zwei Dinge antworten: Wer in seiner Liturgie (das ist ja keine Ansammlung irgendwelcher Texte) davon spricht, dass bestimmte Personengruppen bekehrt gehören, kann sich nicht anschließend mit ihnen über Dialog auf Augenhöhe verständigen. Die katholische Kirche ist für einige Veränderungen an unserem Nussach mitverantwortlich. So wurde das Alejnu-Gebet ja auch zensiert (im Siddur Sefat Emet hat man die Stelle in der Übersetzung durch drei Punkte kenntlich gemacht). Hier der ursprüngliche Text:

????????? ??????????? ???????? ??????, ????? ????????? ???????? ???????????, ??????? ????????? ????????? ??????????, ????? ????????? ??????????????? ?????????, ?????? ???? ?????????? ??????, ???????????? ?????? ???????? ?????? ?????????????? ???????? ?????? ??????????????? ??? ??? ??? ?????????? ???????????? ?????????? ???????????????? ?????????, ??????? ???????, ??????? ???????????, ?????????? ???????? ????. An uns ist es, den Ewigen, den Herrn des Alls zu loben, den Schöpfer des Anbeginns! Er hat uns nicht erschaffen gleich den Völkern der Länder und uns nicht gleichgemacht hat dem ihren, und unser Schicksals-Los gleich den all ihrer Menge, denn sie verneigen sich vor Nichtigkeit und Leere und beten zu einem Gott der nicht hilft.

In den meisten alten Handschriften und im sefardischen Ritus ist diese Form des Alejnu erhalten. Ismar Elbogen schreibt dazu:

Um 1400 trat ein getaufter Jude mit der Verleumdung auf, dass die genannten Worte sich auf Jesus beziehen, und bewies es durch den Hinweis, dass ???? denselben Zahlenwert wie ??? = 316 hatte. Die Beschuldigung wurde häufig wiederholt, und wo die Zensur sich um die Bücher der Juden kümmerte, wurde der Satz durch einen mehr oder minder starken Eingriff geändert. In Preußen wurden die Juden 1702 mit besonderer Heftigkeit wegen dieses Gebetes angeklagt. Wahrscheinlich beruht es hierauf, dass der Satz aus den deutschen Gebetbüchern endgültig verschwunden ist. Nach I. Elbogen: „Der jüdische Gottesdienst“ Frankfurt am Main 1931; § 10, 11.

Das Zitat selber stammt übrigens aus Jeschajahu 45:20 Natürlich ist es zum jetzigen Zeitpunkt unmöglich zu sagen, wie die Vorgaben durchgeführt werden und was letztendlich gesagt werden wird, jedenfalls ist es auch für das Judentum von Interesse, wenn die Uhren wieder zurückgestellt werden…