Der Sechstagekrieg

„Unsere Streitkräfte sind nun voll bereit […] dem Akt der Befreiung den Anstoß zu geben und die zionistische Anwesenheit im arabischen Heimatland in die Luft zu jagen. Ich als Militär glaube, dass die Zeit gekommen ist, den Vernichtungskrieg zu führen.“ Der syrische Verteidigungsminister Hafiz al-Assad am 20. Mai 1967

Dazu sollte es nie kommen und dazu lies man es auch nie kommen: Vor 40 Jahren führte Israel einen Krieg, der das Gesicht der Region bis heute veränderte, aber auch sicherte, dass der Staat Israel heute noch existiert.

Die Zeitung Jediot Acharonot hat auf ihren englischsprachigen Internetseiten einige Artikel und eine Fotogallerie zu dem Thema zusammengestellt (hier). Schon Ende Mai hat der ehemalige Generalstabschef Mosche Jaalon in eben dieser Zeitung einen Artikel zu diesem Thema geschrieben, in dem er ein Umdenken fordert. Er setzt den eigentlichen Beginn des Krieges etwas früher an und bezieht sich dabei auf das Buch „Six days of war” von Michael Oren (ja, das steht auf meinem Wunschzettel):

Es kommt nicht von ungefähr, dass Michael Orens Buch „Six Days of War“ mit dem Terroranschlag ansetzt, den die Fatah in der Nacht des 31. Dezember 1964 unter der Anweisung von Jasser Arafat verpfuscht hat. Ziel des Anschlags war es gewesen, die nationale Wasserversorgung zu unterbrechen und die Region in Brand zu setzen. Sein Scheitern hinderte die Fatah nicht daran, eine offizielle Siegeserklärung zu veröffentlichen, die die „Pflicht zum Heiligen Krieg (Jihad)“ beschwor und den 1. Januar 1965 als offizielles Gründungsdatum der Terrororganisation festsetzte. Jediot Acharonot 30.Mai 2007

und weitet das Thema noch etwas mehr aus:

Der Sechs-Tage-Krieg hat wahrlich das Gesicht des Nahen Ostens verändert. Aus historischer Perspektive kann er als Anfang vom Ende der nationalistisch-säkularen Ideologie der Araber betrachtet werden, wodurch im Endeffekt die Entstehung der islamistisch-gotteskriegerischen Ideologien begünstigt wurde; ebenso kann man in ihm den Anfang vom (vorübergehenden?) Ende der konventionellen Kriege zwischen Armeen und der Verlagerung der Bedrohung des Staates Israel sehen. Vor allem aber hat er die Art und Weise beeinflusst, in der die Israelis sich selbst wahrnehmen; er hat den internen Diskurs über die Grenzfragen und den israelisch-palästinensischen Konflikt geprägt.

Jaalon sieht im Sechstagekrieg auch den Beginn einer „Rückzugsschlacht” und mahnt an, dass die Land für Frieden Option bislang nicht sehr erfolgreich gewesen sei:

Diejenigen, die zu den Grenzen von 1967 zurückzukehren trachten, sei es in Israel oder im Ausland, machen sich den Triumph des Sechs-Tage-Krieges zunutze für ihre Argumentation, nach der das Problem in der „Besatzung“ liegt und der Verzicht Israels auf diese Gebiete den ersehnten Frieden bringt. Der gescheiterte Anschlag vom 31. Dezember 1964 erinnert uns jedoch daran, dass der palästinensische Terror der Übernahme von Judäa, Samaria und Gaza vorausging. Seitdem häufen sich die zusätzlichen Beweise dafür, dass die palästinensische Führung ein Ende des Konflikts auf Basis einer solchen Lösung verweigert. Mehr als das – jüngste Äußerungen von Führern der israelisch-arabischen Gemeinschaft bringen deren Weigerung zum Ausdruck, das Existenzrecht des Staates Israel als unabhängiger jüdischer Staat anzuerkennen. Jediot Acharonot 30.Mai 2007

Es liegt in der Natur von Propaganda, dass die Gegenseite jeden Schritt zurück, oder jedes Zugeständnis als Sieg über den „zionistischen Feind” betrachtet und nicht als Angebot, dass es zu ergreifen gilt. Amos Oz sprach im vergangenen Jahr in München nicht mehr von einer „gemeinsamen Wohnung”, sondern von einem „gemeinsamen Haus” mit zwei, voneinander getrennten Appartements. Dies sei eine realistischere Sichtweise der Dinge. Die „Besatzung” ist dabei aber nur ein Puzzleteil zur Lösung des Konfliktes, wenngleich ein wichtiges. Interessanterweise ist die Besatzung eines der Lieblingsthemen derjenigen, die sich aus den seltsamsten Motiven für den Konflikt interessieren und Katalysator für die unheimlichsten Gefühle dem Staat Israel gegenüber, wie immer, wenn es gegen den Juden unter den Nationen geht. Da findet man plötzlich klare Worte. So erklärt die katholische Friedensbewegung PaxChristi:

40 Jahre rechtswidrige Besatzungspolitik: Wir fordern die EU auf, Israel zu drängen, die Siedlungen, internen Kontrollpunkte, Mauern und Zäune zu abzubauen, die Konfiszierung von Land zu unterlassen und die Zerstörung von Häusern zu stoppen, damit die Bedingungen für einen gerechten Frieden und eine lebensfähige Zwei-Staaten-Lösung wieder hergestellt sind und die Besatzung beendet ist. von hier

Von dieser Lösung des Konfliktes sind mittlerweile, wie erwähnt, auch die hartnäckigsten Friedensfreunde abgerückt. Das gegenseitige Mißtrauen ist einfach zu groß. Der Gazastreifen ist geräumt, der tägliche Beschuß Israels von dort mit Kurzstreckenraketen hat sich anschließend intensiviert. Übrigens, wie ich finde, dennoch kein Argument gegen die Räumung der Siedlungen im Gazastreifen. Ein anderes Beispiel ist der Abzug aus dem Libanon, einige Zeit später feuerte die Hisbollah tausende Katjuscha-Raketen auf Israel ab. Keine Vertrauensbildende Maßnahme. Vor allem, wenn die Gegenseite erklärt:

Die Hamas wird das Recht auf Widerstand mit all ihrer Macht verteidigen. Vierzig Jahre sind vergangen, und das palästinensische Volk fordert standhaft die Rückgabe seiner Rechte und seines Landes und besteht auf den Grundsätzen des Rückzugs aus allen palästinensischen Gebieten und der Zurückweisung jeglicher Lösung, die auf Verzicht beruht. Es hält die Flamme des Widerstands am Brennen, bis die palästinensische Flagge über den Mauern von Jerusalem und den Stränden von Haifa, in Jaffa und in den Straßen von Hebron, Nablus, Jenin und Rafiah gehisst werden wird. Erklärung der Hamas zum vierzigsten Jahrestag des Sechstagekrieges

Besetzte Gebiete wird hier also zu einem großen Teil anders definiert. Davon abgesehen, ist sich oben genannte _Friedens_gruppe nicht zu schade, einen Boykott israelischer Waren auszurufen:

Forderungen an die Gesellschaft: Wir fordern, Produkte aus Israel so lange nicht zu kaufen bis die Besatzung beendet ist. von hier

Nochmal zum Mitschreiben: Eine Unterorganisation der katholischen Kirche in Deutschland ruft zum Boykott israelischer Waren auf. Deutsche kauft nicht bei Israelis… Um es nicht, abermals, selber schreiben zu müssen, lasse ich Martin Kloke schreiben. Er schrieb im Merkur unter der Überschrift Vor vierzig Jahren wurde die neue deutsche Linke antiisraelisch:

Nachrichten und Kommentare über den Nahostkonflikt vermitteln vielerorts Bilder eines angeblich »biblischen Krieges«: »Auge um Auge«, »alttestamentarische Racheaktionen« – reflexhaft tauchten insbesondere während der zweiten Intifada die alten Klischees des christlichen Antijudaismus wieder auf. Entlarvend ist auch das ungebrochene und geradezu obsessi ve Bedürfnis nach Aufrechnung und Gleichsetzung der NS-Verbrechen mit der Politik Israels im Konflikt mit den Palästinensern. Selbst Wissenschaftler wie Udo Steinbach, Leiter des Deutschen Orient-Instituts in Hamburg, versteigen sich dazu, palästinensische Terroranschläge als Ausdruck palästinensischer Verzweiflung über die israelische »Unterdrückung« zu verharmlosen und israelische Streitkräfte mit Nazischergen in Bezug zu setzen, so 2003 in einem Vortrag: »Wenn wir sehen, wie israelische Panzer durch palästinensische Dörfer fahren und sich die verzweifelten Menschen mit Steinen wehren, dann müssen wir im Blick auf Warschau und im Blick auf den Aufstand der Juden im Warschauer Ghetto auch fragen dürfen, war das dann nicht auch Terror?« Und nachdem katholische deutsche Bischöfe im März 2007 in der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem Bilder vom Warschauer Ghetto gesehen haben, geht ihnen beim Anblick des angeblichen »Ghettos« im palästinensischen Ramallah reflexartig »der Deckel hoch«. Selbst wenn Befunde dieser Art immer nur Momentaufnahmen sein können, so spiegeln sie doch einen Trend wider: den einer Schuld aufrechnenden und abwehrenden »Umwegkommunikation«, bei der die traditionelle Judenfeindschaft von antiisraelischen Ressentiments abgelöst worden ist. Wie ein Mantra wird hierzulande immer wieder die Frage beschworen, ob und wieviel Kritik an Israel »erlaubt« sei. Aufmerksame Zeitungsleser wissen, daß es in Deutschland seit Jahrzehnten kein »Tabu« mehr ist, Israel und die israelische Regierung zu kritisieren. Ministerpräsident Scharon wurde bis zu seinem Schlaganfall Ende 2005 scharf kritisiert – zum Teil noch heftiger als seine Vorgänger Menahem Begin und Benjamin Netanjahu in den achtziger und neunziger Jahren. Die Schlüsselfrage lautet daher nicht, ob Israelkritik hierzulande erlaubt ist, sondern ob Medien, Politiker und Kulturschaffende ein faires oder aber verzerrtes Israelbild zeichnen. Mindestens in die Nähe zu antisemitischer Israelkritik gerät, wer das Existenzrecht Israels als jüdischer und demokratischer Staat in Frage stellt; wer immer zuerst Israel, der »zionistischen Lobby« oder gar »den Juden« die Schuld gibt; wer umstrittene israelische Militäreinsätze im Antiterrorkampf mit den Verbrechen der Nazis gleichsetzt; wer die Handlungen Israels mit anderen Maßstäben als die Praktiken anderer internationaler Akteure mißt und beurteilt; wer in Wort und Bild (zum Beispiel in Karikaturen) stereotype Haßbotschaften verbreitet. von hier

Die israelische Botschaft hat eine Zusammenstellung dieses, meist sehr emotional diskutierten, Themas veröffentlicht. Das pdf-Dokument kann man hier herunterladen.