In der Zeit macht erhellt Jörg Lau den Streit um den Neubau einer Moschee in Köln-Ehrenfeld, der mittlerweile auch die lokalpolitische Ebene verlassen hat und die Mainstreammedien erreicht hat und mittlerweile auch weitere Opfer fordert, weil so mancher sein Engagement ein wenig zu hoch einschätzt. So muß wohl nun auch die Grüne Politikerin Marlis Bredehorst erklären, warum sie während einer Bürgeranhörung am 29.Mai zum Thema Moscheebau (siehe hier) die Schoah einen „Ausrutscher”: „und es gibt allerdings einen Ausrutscher: Mit den Juden sind wir nicht so friedlich umgegangen, das ist erst in der Nachkriegszeit so…” nun sagt sie, es sei ihr herausgerutscht:

Kölns Sozialdezernentin Marlis Bredehorst (Grüne) hat sich von einer Aussage distanziert, die ihr bei der Bürgeranhörung zum Moscheebau „als unglücklich formulierter Nebensatz herausgerutscht“ sei. Sie hatte in ihrer frei vorgetragenen Rede zum Thema „Die Rolle der Religionen im Integrationsprozess“ über das friedliche Zusammenleben von Katholiken und Protestanten gesprochen und dann auch das Judentum erwähnt. „Mit den Juden sind wir nicht so friedlich umgegangen“, hatte sie gesagt und von einem „Ausrutscher“ gesprochen. von hier; Kölner Stadtanzeiger

Ralph Giordano schaffte es, von gleich zwei Parteien in diesem Streit regelrecht gehasst zu werden. Auch er war polemisch und muss sich nun für seine Form der Kritik rechtfertigen, Jörg Lau schreibt (ganz richtig), dass Kritik erlaubt sein muß, diese aber gezielt angebracht werden muß. Giordano fügt laut Jörg Lau vor allem ästhetische Gründe gegen eine Verhüllung der Frau an… Noch interessanter ist die weitere Analyse Laus von dem, was Giordano gesagt hat:

Ralph Giordano aber wettert gegen »islamophile Architektur« in Ehrenfeld, als würde sie subversiv von außen aufgezwungen. Für ihn steht fest, dass »erkennbar islamische Bauten eher zu weiterer Abkapselung beitragen als Integrationseffekte auszulösen«. Stimmt das? Die Geschichte des Synagogenbaus im 19. Jahrhundert spricht dagegen: Als die Juden mit der Emanzipation selbstbewusst wurden, begannen sie in Deutschland verstärkt »orientalisch« zu bauen, wie Salomon Korn es in seinen Forschungen gezeigt hat. Sie kombinierten »morgenländische« und »neoislamische« Elemen­te mit der deutschen Gotik und Romanik, um gleichermaßen Anderssein und Dazugehören zu betonen. In der Blüte der deutsch-jüdischen Kultur sahen viele Synagogen aus wie eine Mischung aus Kirche und Moschee. Wäre dieser Teil der Architekturgeschichte nicht mit den abgebrann­ten Synagogen vergessen, würde das neue islamische Bauen in Deutschland vielleicht nicht mit solcher hysterischen Abwehr begleitet. (Man schaue sich bitte einmal hier die virtuelle Rekonstruktion der Kölner Hauptsynagoge an. Sie sah ganz und gar wie eine Moschee aus. Wie würde wohl heute ‘Pro Köln’ dagegen hetzen?) von hier

Es stimmt. Würde man darüber abstimmen lassen, ob eine Synagoge hier oder dort gebaut werden dürfe, das Ergebnis spräche wohl sehr eindeutig gegen den Neubau, aber für eine Verlegung des Baus aus der Innenstadt heraus. Zuweilen werden ganz pragmatische Gründe vorgeschoben: Dann sind hier weniger Parkplätze, dann sind hier zu viele Parkverbote, passt nicht ins Umfeld, werden wir bei einem Anschlag mit weggesprengt?… Mittlerweile würden sich bestimmt auch Stimmen finden, die gegen einen Kirchenneubau sind (Glocken zu laut etc.) und von daher weht (unter anderem) der Wind. Ein Teil der Mehrheitsgesellschaft sieht sich bedroht durch Menschen die zu ihrer religiösen Überzeugung stehen und Werte mit sich herumtragen. Von der Spaßgesellschaft in eine Existenz der Beliebigkeit gedrängt, sind diejenigen, die sich an (religiöse) Regeln halten, suspekt. Vor allem, weil diese Werte weder im Judentum, noch im Islam, verhandelbar sind und nicht nur das eigene Wohnzimmer betreffen, sondern nahezu jeden sozialen Bereich. Die Vorbehalte sind wohl schon jeder und jedem begegnet, der/die observant lebt.