Maxim Biller liest nun auch bei Youtube. Auch wenn das Teil einer großen Vermarktungsstrategie ist, darf der Hinweis hier dennoch nicht fehlen. Maxim Biller liest aus seinem neuen Buch „Liebe heute”.

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Weiterhin und immer noch lesenswert ist auch ein altes Interview der ZEIT (2005) mit ihm und Adriana Altaras, überschrieben mit „Mir fehlen die Juden”. Das Interview ist auch interessant, weil es nicht nur über die Geschichte philosophiert, sondern weil auch über jüdisches Selbstveständnis und die Gemeinden gesprochen wird:

ZEIT: Deutschland hat die drittgrößte und schnellstwachsende jüdische Gemeinde. Warum ist das keine kritische Masse? Biller: Das ist keine Frage der Zahl. Die neuen Juden sind russische Juden. Aber deren Arbeit, deren Bücher, Bilder und Forschungsergebnisse werden wir erst in zehn, zwanzig Jahren zu sehen bekommen. Wir leben in der Zwischenzeit. Altaras: Ich sehe das an der jüdischen Grundschule meines Sohnes. Bis diese jüdischen Kinder sich frei gemacht haben und sagen: »Keine Geige, ich will Theater spielen«, das dauert noch, wird aber kommen. ZEIT: Es fehlt die Heimat in der Heimat? Altaras: Das ist doch immer so: Entweder man hat eine Gemeinde, eine dicke Familie im Rücken, oder man schmeißt sich raus in die Welt. Wenn man es eilig hat, und wir haben es eilig, muss man raus und darauf verzichten. Die Heimat, die mir angeboten wird, ist mir zu eng. Ich habe das Gemeindeleben in den achtziger Jahre kennen gelernt und bin sofort wieder raus. Ich bin weder akzeptiert worden, noch habe ich einen Zugang gefunden.

und auch 2005 über das neue Gesicht des Antisemitismus:

Altaras: Das ist auch so deutsch: »im Prinzip«. Biller: Aber die Antisemiten, denen man ihren Antisemitismus nachweisen könnte, wären ehrlich überrascht davon. ZEIT: Ist der klassische Antisemitismus sublimiert worden in Antiisraelismus? Altaras: Auf jeden Fall. Biller: Klar. Aber warum müssen Juden über Antisemiten reden? Warum reden nicht Deutsche über sie? Warum soll ich dem deutschen Leser erklären, dass der neue Antisemitismus im Gewande des Antiisraelismus daherkommt? Es wäre interessant, darüber zu reden, aber ich tue es nicht, weil man es von mir als Juden erwartet. Und schon wieder sitze ich in der Falle des von außen Betrachteten. Altaras: Ich kriege das selten ab. Biller: Aber das nervt. Altaras: Mir ist das egal. Ich kann doch machen, was ich will. Ich würde als Nächstes gern die Traviata inszenieren. Biller: Du wirst sie nicht kriegen, weil du Jüdin bist. Und wenn du sie kriegst, würde ich sagen, weil du Jüdin bist.