In der vergangenen Woche hat das Europäische Zentrum für Antiziganismusforschung Strafanzeige gegen den britischen Juden Sasha Baron Cohen gestellt. Das Zentrum wirft ihm Volksverhetzung und Aufruf zur Gewalt gegen Sinti und Roma. Auslöser ist sein neuer Film über sein alter ego Borat. In diesem besucht der fiktive kasachische „Journalist” Borat die USA und unterhält sich mit Menschen die nicht ausgedacht sind: Mit ganz normalen US-Amerikanern, Supermarktmitarbeitern, Polizisten und aber auch Politikern. Er besucht unter anderem ein Rodeo und versichert der entfesselt tobenden Menge, das Kasachstan den „Krieg gegen den Terror” voll und ganz unterstützt. Die Menge johlt und bekommt gar nicht mehr mit, was der Mann mit dem lustigen Akzent noch alles sagt. Die Figur Borat ist ein chauvinistischer, ignoranter und rassistischer Typ: Er siedelt den Wert von Frauen irgendwo hinter dem von Pferden an und gibt im Film unter anderem an, er sei vor seiner TV-Karriere „Ziegeunerfänger” gewesen. Da ließ die Kritik nicht lange auf sich warten. Kritisiert werden sollten allerdings viel eher diejenigen, die das unaussprechliche zu Borat sagen: Sie billigen seinen Rassismus und seinen Antisemitismus und geben dabei mehr über sich selber preis, als ihnen hinterher lieb sein dürfte. Bei einem Auftritt in einer Countrybar in Tucson (im Bundesstaat Arizona) tritt er vor einer Horde Rednecks auf und singt: „Throw the jew down the well - So my country can be free” und das Publikum johlt und singt begeistert mit. Das ist das bedenkliche: Borat ist eine Karrikatur. Die Dumpfbacken sind echt:

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Aufschlußreich ist übrigens der Wikipedia-Artikel über Sacha Baron Cohen. Er informiert genauer über seiner Biographie und die Figuren, die er regelmässig spielt. Beispielsweise Borat:

Borat Sagdiyev, einen kasachischen Reporter mit offensichtlich antisemitischem und chauvinistischem Gedankengut, der nach seinen Reportagen über Großbritannien in die Vereinigten Staaten geschickt wurde, um sämtliche Facetten des „American Way of Life“ zu dokumentieren. Borat Sagdiyev alias Sacha Baron Cohen moderierte die MTV Europe Music Awards 2005 in Lissabon. Nicht erfreut über diese Parodie war die kasachische Regierung. Sie protestierte und sperrte den Internetauftritt von Borat, der über eine kasachische Domain lief.

Mit Sicherheit könnte ein Boratmässiger Reporter auch in Deutschland ähnliche Äusserungen und Solidaritätsbekundungen sammeln. Es gibt eine Reportage eines israelischen Journalisten, der durch Deutschland reist und verschiedene bekannte und unbekannte Personen zu ihrem Vehältnis zu „den Juden” interviewt. Spätestens nach 10 Sätzen brach es aus fast jedem Interviewten heraus (klar, es wurden nur die Extremfälle gezeigt): „Das muß was dran gewesen sein, wenn die Juden immer verfolgt worden sind.” Dagegen sollte man vorgehen, und nicht gegen die, die das satirisch überzeichnet eigentlich an den Pranger stellen. Wenn man gegen Jackenknöpfe vorgeht, auf denen mit viel Phantasie etwas Hakenkreuzähnliches zu erkennen ist, aber nicht gegen den wahren Rassismus und Antisemitismus in den Köpfen, muß man sich nicht wundern, wenn diejenigen die wirklich so reden wie Borat und die von ihm vorgeführten, immer mehr werden.

Einführung in den Film im Filmblog