Die FAZ hat anlässlich der Ordination einen ausführlichen Artikel über die gegenwärtige „Rabbiner-Situation” in Deutschland veröffentlicht. Auch dort zielt man auf die Import-Problematik:

…Menachem Halevi Klein wird dennoch geachtet wie man einen Rabbiner eben achtet. Aber als geistigen Führer der jüdischen Gemeinschaft betrachten ihn nur die wenigsten. Diese Rolle nehmen andere ein, moderne, eher einer intellektuellen, westlichen Tradition verbundene Persönlichkeiten wie der Gemeindevorsitzende Salomon Korn, der Vizepräsident des Zentralrats Dieter Graumann oder der Historiker und Holocaust-Überlebende Arno Lustiger. In den jüdischen Gemeinden Deutschlands gab und gibt es viele Kleins aus Israel oder Amerika importierte Rabbiner, die geholt worden sind, weil es keine einheimischen Gelehrten gibt, die ein solches Amt übernehmen könnten. Denn im Holocaust ist auch die berühmte deutsche Rabbiner-Tradition ausgelöscht worden.

Zwar kehrten nach 1945 einige Rabbiner zurück, doch nach deren Tod oder Auswanderung fehlte der Nachwuchs. Die Gemeinden waren gezwungen, sich im Ausland umzusehen. Doch welcher hochangesehene Rabbiner wollte schon nach Deutschland kommen? Die hiesigen Gemeindevorstände mußten sich notgedrungen meistens mit Männern der zweiten und dritten Garde begnügen. Es erscheint deshalb als ein Wendepunkt, daß am Donnerstag in der Neuen Synagoge in Dresden drei Studenten zu Rabbinern geweiht werden die ersten nach dem Krieg wieder in Deutschland ordinierten Rabbiner.

Der Autor des Artikels betrachtet die Aussichten der Absolventen durchaus realistisch:

Freilich hätten wohl jene drei Eigengewächse, die heute zum Rabbiner ordiniert werden, kaum eine Chance, Rabbiner in einer der großen Gemeinden zu werden. Denn sie wurden am Abraham Geiger Kolleg in Potsdam ausgebildet, einer Einrichtung der zumindest in Deutschland Minderheitsrichtung der liberalen Juden, die sich in der „Union der progressiven Juden in Deutschland“ organisiert haben.

Kein Hurra-Artikel, sondern durchaus gut beobachtet und treffend beschrieben. Man darf gespannt sein, ob es Rabbiner geben wird, die ihre Gemeinde dazu bringen, religiös zu leben (ganz gleich nach welcher Strömung), oder ob sie weiterhin diejenigen sind, die stellvertretend für die Gemeinde observant leben…

Yediot Acharonot haut übrigens in die gleiche Kerbe und titelt:

After decades on relying on foreign-taught rabbis, German Jews takes step towards normalizing Jewish community and practices in the country.

und präsentiert auch ein Video zur Ordination.