Fear Ein großer Teil der Opfer der Schoah kam aus polnischen Gemeinden, viele polnische Städtenamen (des Polen vor 1939) sind fester Bestandteil der jüdischen Geschichte: Chelm (wenngleich in besonderer Weise), Lublin, Brody, Lodz und besonders natürlich Wilna. Die Wilnaer Ausgabe des Talmud ist maßgeblich. Der Krieg brach auch über die polnische Bevölkerung mit großer Härte herein und so wurde der zweite Weltkrieg auch für die polnische Nation ein besonderes Trauma. Nur zehn Prozent der jüdischen polnischen Bevölkerung überlebte die Schoah. Eine Art Solidarität unter Opfern gab es dennoch nicht und so kam es noch 1 Jahr nach Ende des Krieges zu Porgomen (so auch in Krakau) an Überlebenden der Schoah. So kam es beispielsweise am 4. Juli 1946 zum Pogrom von Kielce, bei dem 40 Menschen durch den Mob getötet wurden. Auslöser des Porgroms war eine Ritualmordlegende! Das Buch „Fear” von Jan Gross (bei amazon) rekonstruiert das Pogrom von Kielce und geht dem zugrundeliegendem polnischen Antisemitismus nach:

Gross argues that postwar Polish anti-Semitism cannot be understood simply as a continuation of prewar attitudes. Rather, it developed in the context of the Holocaust and the Communist takeover: Anti-Semitism eventually became a common currency between the Communist regime and a society filled with people who had participated in the Nazi campaign of murder and plunder, people for whom Jewish survivors were a standing reproach. The Polish poet Czeslaw Milosz said that Poland’s Communist rulers fulfilled the dream of Polish nationalists by bringing into existence an ethnically pure state.

Gross hatte sich zuvor schon mit dem Buch „Nachbarn” einen Namen gemacht (in Polen keinen guten). In diesem Buch beschrieb er das Massaker von Jedwabne. Am 10. Juli 1941 ermordeten die Bewohner des Ortes aus eigenen Stücken die jüdische Bevölkerung. Nachdem viele Juden einzeln umgebracht worden waren, wurden die Überlebenden in eine Scheune getrieben und dort bei lebendigem Leibe verbrannt. Etwa 400 Menschen fanden bei diesem Massaker den Tod. Die deutschen Besatzer forcierten übrigens diese Ausschreitungen nicht und beschränkten sich auf die filmische Dokumentation des Geschehens; dies beweist Gross in seinem Buch nämlich auch. Zuvor hatte man versucht, dieses Verbrechen auf deutsche Einwirkungen zurückzuführen, so wie Andrzej Kaczy?ski in der polnischen Zeitung Rzeczpospolita, vom 5. Mai 2000

Am 10. Juli 1941 befahlen die Deutschen in Jedwabne im Lomza-Gebiet, die gesamte jüdische Gemeinschaft der Kleinstadt umzubringen. Das Todesurteil vollzogen die ortsansässigen Polen. Das belegen die vor kurzem aufgedeckten Augenzeugenberichte von Juden, die die Vernichtung überlebten. Polnische Zeugen der Tragödie – Einwohner Jedwabnes – widersprechen diesen Berichten nicht. Aus den gleichen Quellen geht hervor, daß die Deutschen – wie es scheint – auch in Wisosz, Wizna und Radzizów sich bei der massenhaften Ermordung von Juden polnischer Hände bediente. Viele dieser Zeugnisse kannten polnische Forscher bereits früher. Aber dennoch waren es nicht sie, die diese erschütternde Wahrheit über die polnische Beteiligung an der nationalsozialistischen Judenvernichtung ans Licht brachten. Diese Wahrheit erreicht uns aus dem Ausland. - zitiert nach transodra

Natürlich wird so ein Buch willkommen geheissen und so sagt Jan Gross in einem Interview mit der polnischen Zeitung Polityka folgendes denkwürdiges Zitat:

Viele Menschen glauben (in Polen), dass die Juden die Macht haben. Das ist ein Absurdum, dessen Wurzeln erforscht werden müssen. Was nach dem Krieg zwischen Polen und Juden passiert ist, war ein großes Rätsel für mich und der Ausgangspunkt meiner Forschungen. Aber es ist auch kein Problem, dass uns ewig belasten wird. In jedem Ort, in dem man sich an den Juden verging, sollte ein Stein aufgestellt werden, die Menschen sollten kurz trauern, und dann war’s das. Kein Um-Verzeihung-Bitten, keine Reparationen. Es geht hier um nichts anderes als darum, die Sünde beim Namen zu nennen. Dann werden wir Polen endlich aufhören, hinter uns zu schauen, um uns zu vergewissern, dass wir nicht gerade von jemanden verarscht werden.

Vielleicht ist der Satz ja übertragbar.