Auf dem Markt gibt es eine große große Anzahl von verschiedenen Siddurim mit Übersetzungen in den verschiedensten Sprachen und Ausführungen. Die dominanteste Kraft sind die ArtScroll-Siddurim, die auch den „neuen” deutschsprachigen Siddur Schma Kolejnu ganz offensichtlich sehr beeinflußt haben. Diese habe ich bisher immer als schön empfunden und ich komme in der Regel gut mit ihnen zurecht. Sie sind die moderne Version derjenigen Siddurim die älteren Datums sind und die ebenfalls in meinem Bücherregal stehen. Schlägt man sie nebeneinander auf, dann sieht man, dass die neuen Siddurim ein leicht überarbeitetes Layout haben welches in groben Zügen aber dem entspricht, was man auch von den alten Siddurim gewohnt ist. Das Druckbild ist etwas klarer und die Texte etwas aufgeräumter. Im Großen und Ganzen hat sich aber auf diesem Gebiet ansonsten nichts getan und vielleicht auch deshalb, weil die Beter es nicht anders gelernt haben: Lange Blocksatz-Textabschnitte, dicht gedrängte Zeichen, nicht extrem Lesefreundlich…Bei der Überarbeitung des EtzAmi-Siddurs fiel mir das extrem auf. Zunächst wurden nur Fehler korrigiert, in einem Text, welcher der Tradition verpflichtet ist, sich aber auch dem modernen liberalen Judentum verpflichtet sieht, folgt die Form nicht dem Inhalt. Nachdem wir direkt das „Gebetbuch für das ganze Jahr” (von Elbogen und Seligmann) aus dem Jahr 1929 verwendeten und feststellten, dass wir noch Gebete brauchten, an die wir uns gewöhnt hatten, setzte ich einen neuen Siddur. Dieser enthielt alle Texte aus dem genannten „Gebetbuch für das ganze Jahr” und die traditionellen Texte, die wir uns bewahren wollten – selbstverständlich mit einer passenden deutschen Übersetzung. Andere deutsch-sprachige liberale Siddurim kamen für uns nicht in Frage – Kunststück, denn es gab nur zwei: Die Übersetzung des großartigen Siddurs der israelischen Reformbewegung, den die Gemeinde Zürich nutzt – zu teuer in der Beschaffung und der Seder ha Teffilot, der die Bedürfnisse der Mitgliedsgemeinden der Union Progressiver Juden entsprechen sollte. Dieser erschien uns jedoch etwas zu sehr gekürzt und zu wenig aschkenasisch zu sein. Er enthält einige sefardische Elemente und eine seltsame Keduschah die aus Elementen der Mussaf-Keduschah und der regulären Schacharit Schabbat Keduschah zusammengesetzt ist. Ein Vorteil daran wäre streckenweise das Layout des hebräischen und des deutschen Textes gewesen. Ein wenig moderner und aufgeräumter. Doch zurück zum EtzAmi Siddur: Ohne es zu bemerken kopierte auch ich damals die traditionellen Siddurim. Hebräischer Blocksatz mit angefügter Übersetzung und einigen Hinweisen (anklicken um das Bild größer zu sehen).
Vielleicht weil auch ich dachte „So sehen Siddurim eben aus” und das obwohl ich den konservativen Sim Shalom bis dahin schon verwendet hatte.


Kommentare dazu sind herzlich willkommen uns sehr erwünscht, in jede Richtung.
Dann bin ich auf den nächsten G’ttesdienst gespannt.
Jetzt weiß ich auch, warum ich bei Seder HaTefilot so ein eigentümliches Gefühl hatte. Ich kann das zwar nicht so gut analysieren wie Du, aber es kam mir auch eher wie eine Sammlung aus allen Kulturen vor, aufgemischt mit modernen Texten, die mir zum größten Teil nicht gefallen haben. Ich fand die zusätzlichen Texte, Gedichte und Sprüche zum Teil etwas erzwungen, die Übersetzungen erinnerten mich sehr wenig an die mir bekannte (aschkenasische) Tradition.
Elisabeth BG
Ich kann Dir ja ersteinmal eine pdf-Version zur Ansicht per mail senden. Ich habe keine Ahnung, ob ich ausreichend gedruckte Exemplare anfertigen lassen kann.
Jedenfalls habe ich mich sehr intensiv nicht nur mit den Inhalten auseiandergesetzt, sondern auch mit den typographischen Besonderheiten und den Druckbildern. Sehr interessant. Aber deshalb habe ich ja versucht, zumindest einen kleinen Abriss zu liefern.
Auf jeden Fall eine tolle Arbeit.
Elisabeth BG
Ich persönlich präferiere den Blocksatz a la Sim Shalom. Dein Vorschlag ist mir zu unruhig für die Augen und eignet sich besser für Gedichtbände.
Was moderne Siddurim betrifft, empfehle ich, ‘mal einen Blick in den Siddur des liberalen Judentums in den Niederlanden zu werfen.
Wer bist Du denn? Damit ich weiß, wer das präferiert… 🙂 So ganz anonym kann man ja keine Unterhaltung führen.
Wir werden sehen: Blocksatz scheint ja die traditionell bevorzugte Art des Satzes zu sein. Für unseren Siddur war ich bestrebt nicht den Text als Klotz der abgearbeitet werden muß zu behandeln, sondern die einzelnen Sätze und Abschnitte in den Vordergrund zu stellen. Der Text ist ja auch zum lauten Vortrag gedacht und sollte also auch „vorlesefreundlich” sein und vielleicht kommt die Intention einem Gedichtband schon entgegen? Wir haben in der Regel weniger als 35 Zeichen in einer Zeile und so entstanden durch den Blocksatz oft größere Lücken. Unruhig wirkt der Satz natürlich schon ein wenig oder dynamisch? 😉 Das ist ein guter Punkt!
Block- oder Flattersatz ist gar nicht so sehr das Problem, sondern die Gegenüberstellung von Deutsch und Hebräisch in einer Zeile emfinde ich als störend. Das bedeutet nämlich auch, dass Hebräisch immer links steht, statt, wie sonst in den Siddurim üblich, rechts. Ich gebe auch zu bedenken, dass beim Zeilenwechsel der Leser immer wieder den Anfang des Hebräischen oder Deutschen suchen muß, weil der Sprachwechsel in der Mitte einer Zeile ist.
Wir kennen uns sehr flüchtig. Ich war vor Jahren einmal in Selm, lebe aber seit Jahren in Berlin.
Ich freue mich über das Feedback!
Das ist ein guter und wichtiger Punkt, aber letztendlich der, den ich schon ansprach: Die Beter|Leser sind daran gewöhnt, dass sich die (deutsche oder irgendeine) Übersetzung auf der linken Seite befindet. Die Trennung des hebräischen Satzes vom Deutschen habe ich zunächst in einer drucktechnischen Notwendigkeit vermutet: Die hebräischen Druckplatten sollten nicht doppelt gesetzt werden und so setzte man die Übersetzung einfach auf die andere Seite. Der Siddur von Mannheimer jedoch, sieht fast so aus wie unser alter EtzAmi-Siddur: Auf einer Seite hebräischer Text plus Übersetzung. Die eigentlich logische Aufteilung, nämlich, dass Übersetzung und Originaltext am tatsächlich gleichen Punkt beginnt, wird nun als irritierend empfunden.
Also
statt
—-> versehentlich in die falsche Zeile geraten. Bei einer zweiseiten Übersetzung muß ja der Beter von der hebräischen Seite auf die übersetzte Seite springen und verliert so vielleicht eher den Faden.
Das ist natürlich nur eine Vermutung, weil es (soweit ich weiß) keine empirischen Daten dazu gibt. Vielleicht ist es nur eine Gewöhnungssache.
Jedenfalls bin ich versucht, meine Argumente zu halten 😉
Leider ist dieser Punkt der Usability von Siddurim bisher überhaupt eher selten diskutiert worden… und so gibt es kaum Material dazu.
Die Gestaltung, wie du sie vorschlägst, mag vielleicht bei den Tehillim und einigen anderen Passagen angebracht sein, aber wie willst du es halten, wenn du einfach mehrere Seiten Fließtext hast, z.B. das Schma incl. der Brachot? Ich glaube, da kommt deine Idee sehr schnell an ihre Grenzen. Fakt ist nun einmal, dass der hebräische Text viel weniger Raum verlangt als der entsprechende deutsche Text. Du könntest das vielleicht dadurch ausgleichen, indem du für den deutschen Text eine kleinere Schrifttype benutzt, aber das sieht dann doch nicht wirklich gut aus: Rechts kleine Schrift und links eine große Schrift – in einer Zeile.
Hm, also ich hatte ja schon das Privileg, das Gesamtwerk zu sehen und ich finde es zumindest sehr vorbeterfreundlich. Für mich als Laiin ist es recht hilfreich, um im Takt zu bleiben, da vor allem bei Psalmen, die im Wechsel mit der Gemeinde gesagt werden, ein Blocksatz einen schnell aus dem (Nussach-)Tritt bringt. Den Satz in zwei Blöcken finde ich jetzt nicht problematisch, da sich die beiden Sprachen ja schon optisch so voneinander unterscheiden, dass es kaum Verwechslungsprobleme geben sollte 😉
Was die Übersetzung angeht, man sollte doch nicht Form über Inhalt stellen. Wenn der Start beider Textpassagen gleich ist, kann man ja schnell wieder den Anschluss finden
Mirjam