Eines Tages fuhr ein Mann mit einem Autobus nach Hause, vielleicht nennen wir ihn der Einfachheit halber F. Es war Abend und der Bus war fast leer. In der letzten Reihe saß ein junges Pärchen und etwa in der Mitte des Busses ein schlafender Mann. Der Bus bog um eine Ecke in der Stadt und würde bald die Haltestelle erreichen, an der unser Mann den wir F. genannt hatten, am Abend zuvor eingestiegen war, auf dem Weg nach Hause von einer Frau die er besucht hatte. Er musste natürlicherweise kurz daran denken, wandte sich dann aber wieder in Gedanken an den Ablauf des nächsten Tages. Nun hielt der Bus langsam an und öffnete seine Türen. Aus der Nacht stieg ein Mann in den Bus ein. Unser Mann, nämlich F., sah auf, um den neuen Fahrgast anzusehen, wie man fast jeden neuen Fahrgast ansieht, wenn der Bus nicht sonderlich voll ist.

Er sah ihn jedenfalls an, das Warum ist in diesem Zusammenhang eigentlich gleichgültig und musste sich selbst erkennen! Er war es am gestrigen Abend. Mit den gleichen unsicheren Bewegungen, verursacht durch die Bewegungen des Busses der seine Fahrt wieder aufnahm, ging er durch den Bus zu seinem Platz. Es bestand kein Zweifel, es war der Mann am vorherigen Abend, der hier einstieg um nach Hause zu fahren, um dort zu essen, Fern zu sehen, eine Zeitschrift beiläufig durchzublättern und um zu schlafen.

Wollte dieser nun auch nach Hause? Konnten sie beide zugleich zu einem Ort fahren, den sie beide „zu Haus“ nannten und wie sollte dies geschehen? Er, F., hatte sich gestern nicht gesehen, er hatte sich am Abend zuvor auch nicht herumgedreht und folglich würde er, der wohl auch F. war und den er ansah, es auch nicht tun. Unser Mann wurde neugierig, blieb aber sitzen und betrachtete sich weiterhin neugierig von hinten. Er wusste nicht, was zu tun war, schließlich wusste er aber wohin er ging. Er, F., blieb an seinem Platz und betrachtete sich argwöhnisch. Er ärgerte sich, dass er am Abend zuvor nicht achtsamer gewesen war und sich nicht gesehen hatte.

So fand der Bus seinen Weg durch die Straßen der Stadt und kam an die Stelle an der unser Mann aussteigen musste. Ein inneres Beben ergriff ihn nun doch, während er, der später zugestiegen war, aufstand und zur Tür ging um auszusteigen. Unser Mann war jedoch vom Schauder der Begegnung so ergriffen, dass er sitzen blieb und sich selbst zusah, wie er ausstieg. Noch eine Haltestelle fuhr er weiter und stieg dann aus, um den Weg nach Hause zu machen, in der Hoffnung der andere F., hätte sich irgendwie in der Zeit verloren und sei nicht dort angekommen wo auch unser Mann eigentlich hinwollte. Er ließ sich deshalb Zeit mit dem Weg und blieb oft stehen, sah sich nervös um und versuchte möglichst wach zu sein. An seinem Haus angekommen, sah er die Fassade des großen Wohnhauses hinauf und sah Licht in seiner Wohnung. Es schien matt aus den Fenstern, zwischen den Jalousien hindurch. Hatte er am Abend zuvor aus dem Fenster gesehen? Er erinnerte sich, dass er das nur tat wenn draußen Schnee lag. Am nächsten Tag würde diese Person sich abends in den Bus setzen und sich genau so verhalten wie er, unser Mann, in diesem Augenblick. Der Gedanke daran, erzeugte in ihm einen schmerzhaften Krampf, alles in schien sich zusammenzuziehen und ihm schwindelte.

Langsam ging er auf die Haustür zu, betrachtete die Klingeltasten mit den unsauber geschriebenen Namen. Die oberste Taste gehörte zu seiner Wohnung. Schließlich öffnete F. die Haustür zum Treppenhaus und ging langsam die Treppen hinauf. Wartete auf jeder Stufe, bis sein Schritt im Hausflur verhallt war und nahm dann die nächste. Schritt für Schritt. F. sah nicht auf die Uhr, es musste mehr als eine halbe Stunde vergangen sein bis er vor seiner Wohnungstür angelangt war. Durch die Tür hörte man das laufende Fernsehprogramm, das Knacken des Wasserkochers, seine eigenen Schritte im Badezimmer. Hatte er gestern etwas bemerkt, als er im Badezimmer stand und sich im Spiegel betrachtete? Er erinnerte sich nur noch an das Geräusch des kochenden Wassers im Kocher, das er jetzt deutlich durch die Tür hörte. Als er in das Wohnzimmer gegangen war, traute er sich schließlich den Schlüssel in den Schließzylinder seiner Wohnungstür zu stecken – es war sinnlos, denn immerhin ließ er Schlüssel stets stecken, nachdem er Abend abgeschlossen hatte. Er kam also nicht in seine Wohnung. Sollte er klingeln? Am Vorabend hatte es nicht geklingelt, also musste er es nicht getan haben. Der Schwindel wurde stärker. F. setzte sich auf die Treppe vor seiner Wohnung. Das Licht des Treppenhauses ging mit einem lauten Geräusch des Reglers im Erdgeschoss des Hauses aus. Langsam tastete F. nach dem Treppengeländer und ging langsam, Stufe für Stufe hinunter. In der Wohnung wurde der Fernseher ausgeschaltet, Schritte waren hinter der Wohnungstür zu hören. Handflächen berührten die Wohnungstür, er hatte gestern am Abend durch den Spion in den dunklen Flur gesehen, dort konnte er aber nichts erkennen. Nicht einmal Schatten. F. trat nach draußen. Die frische Luft würde ihm gut tun. Ohne Ziel ging er weiter, während sich der Schwindel in dem er sich befand verstärkte.

Am nächsten Morgen fand man ihn am Ufer eines Flusses, während der Nacht war er dort angeschwemmt worden. Man vermutete er hätte sich umgebracht. So hatte er seine Existenz aufgelöst.