In dieser Woche wurde bekannt, dass die Regierung einen offiziellen Antisemitismus-Beauftragten nominiert hat. Felix Klein wird es werden, es soll aber hier gar nicht um die Person gehen. Es geht hier eher um die Stelle, die diese Person ausfüllen wird. Auf diese Stelle wird man verweisen, wenn es wieder antisemitische Übergriffe geben wird - und es wird wieder welche geben, daran besteht kein Zweifel.

Die Lösung für die Probleme?

Der Rechtsstaat verfügt über alle Instrumente, um seine Bürgerinnen und Bürger vor Übergriffen zu schützen und um ihnen die Religionsfreiheit zu garantieren. Es wird keine Verschärfung von Gesetzen geben müssen, denn die vorhandenen Gesetze müssten nur konsequent angewendet werden. Die Probleme die wir haben, betreffen die gesamte Gesellschaft. Wenn »Jude« ein gängiges Schimpfwort auf Schulhöfen ist, dann sind Lehrerinnen und Lehrer gefordert, entschieden zu intervenieren und das nicht erst dann, wenn tatsächlich jüdische Schüler gemobbt werden. Und selbst in konkreten Mobbingfällen sieht entschiedenes Handeln häufig anders aus, als die Bitte, nichts an die Öffentlichkeit dringen zu lassen. Verleiht ein Antisemitismus-Beauftragter den Verantwortlichen die Einsicht, dass es hier nicht um Lächerlichkeiten geht?

Wird ein Antisemitismus-Beauftragter dafür sorgen, dass Jüdinnen und Juden auf der Straße nicht mehr angespuckt werden? Dafür, dass Passanten sich einmischen und eine rote Linie ziehen?

Der Gesellschaft sollte klar sein, dass ein Teil des heutigen Antisemitismus von einer jugendlichen Subkultur ausgeht, die sich zwar am Islam orientiert, aber nicht durch ihn gespeist wird. Die entsprechenden Player dieser Subkultur sind Rapper, Musiker und andere Multiplikatoren. Und wie reagiert die Gesellschaft darauf? Sie verleiht den entsprechenden Gestalten Preise.

Wir wissen alle, dass Empörung nicht ausreicht. Auch von Solidaritätsbekundungen sind Kinder in Schulen, Beter in Synagogen oder einfach nur Menschen zuhause nicht sicherer. Daran wird auch ein Beauftragter nichts ändern. Aber er wird das Gewissen beruhigen. Man hat »etwas« unternommen. Nun kann auf jemanden gezeigt werden, wenn man sich fragt, warum es diesen oder jenen Vorfall gab. Was ist das für ein Zeugnis, dass sich der Staat ausstellt, wenn die gesetzlichen Rahmenbedingungen nicht mehr durchgesetzt werden können, um es zu ermöglichen, als Jude in Deutschland zu leben? Benötigt man erst einen Mittelsmann, der zum Handeln auffordern soll?

Es wird auch in Zukunft nicht ausreichen, alle Vorfälle einfach nur zu erfassen und daraus eine pädagogische Handreichung zu erstellen. Es wird wohl oder übel so weit kommen müssen, dass man sich aus der Komfortzone wagt und die Mittel anwendet, über die man bereits verfügt: Verfolgen von Anzeigen, anschließender Schutz der Opfer, zivilrechtliche Verfahren gegen die Eltern minderjähriger Mobber und Gewalttäter. Es kann sicher auch nicht schaden, eine klare Haltung einzunehmen. Es reicht nicht aus, diese nicht nur zu dokumentieren, sondern auch in Taten zu verwirklichen. Dies dem Antisemitismus-Beauftragten zu überlassen, wird keines der aktuellen Probleme lösen.

Und als habe man das unterstreichen wollen, gab es gleich die folgenden Tweets:

Die CSU gratuliert zur Wahl eines Kandidaten, der mit antisemitischen Untertönen Wahlkampf betrieben hat…

… und der Innenminister, der von der gratulierenden Partei gestellt wird, stellt wenig später über twitter den Antisemitismus-Beauftragten vor. Interessant an dem Tweet ist natürlich der Inhalt, aber insbesondere die Tatsache, wie wenig Mühe man sich mit dem Bild gegeben hat:

[white_box] Ja, bereits im Januar habe mich dazu geäußert, siehe hier.[/white_box]