In Moers sollen Stolpersteine verlegt werden. Die Argumente gegen die Aktion, oder für sie diskutiert die Rheinische Post. Dabei ist die Einleitung des Textes interessanter, als der Text selbst. Er sagt sehr viel über die Wahrnehmung des Journalisten über deutsche Juden aus:
Gedenktafeln auf dem Bürgersteig sollen an ermordete Juden erinnern. Die jüdische Theologin Dr. Edna Brocke sieht ihre Landsleute mit Füßen getreten.
Der Autor des Artikels hat die Juden der Stadt schon einmal ausgebürgert — vielleicht sollte man hier zunächst Geld in politische Bildung investieren?
Viel bezeichnenderweise finde ich es,dass es gewisse jüdische persönlichkeiten gibt,die sich zu allen möglichen dingen müssen. ich meine,wer eine synagoge zum museum macht,sollte sich zu solchen dingen nicht äußern.
es ist natürlich bezeichnender und nicht bezeichnenderweise.
Wofür wäre das den “bezeichnender”?
Was kennzeichnet “gewisse” Persönlichkeiten im Unterschied zu anderen?
Ich finde diesen Stil widerlich, der so raunt und andeutet, aber nicht klipp und klar sagt, was er meint.
Ich teile die Kritik von Dr. Brocke nicht, aber nehme doch zur Kenntnis, daß sie von sehr vielen jüdischen Personen geteilt wird und wurde. Am bekanntesten darunter wohl Charlotte Knobloch. Aber eigentlich ging’s ja um was anderes.
Herr Schroeder hat ja nicht unrecht. Wenn man unterstellt, daß Frau Dr. Brocke deutsche Staatsbürgerin ist, genauso wie die ermordeteten Moerser Juden, um die es hier geht, dann kommt das ja schon hin. Aber dann wären diese Menschen wohl auch Landsleute von Herrn Schroeder. Der Gedanke lag ihm dann wohl eher fern.
Ob hier nun ein “freud’scher Fehler” des Landsmanns Schroeder vorliegt … ? Ich finde es einfach nur grauslich, daß dergleichen Gesinnung oder schlichter Fehler bei der RP als regionaler Meinungsführerin durchgeht. Und Begriffe wie Schlussredaktion und Korrekturlesen offenbar Fremdworte sind.
Zum Thema »Stolpersteine« gibt es eine ganze Reihe widersprüchlicher Positionen. Die Jüdische Gemeinde Düsseldorf (nicht besonders weit weg von Moers) hat den Initiator der Stolpersteine geehrt. Anderenorts findet man diese Aktion unpassend oder gar beleidigend. Alle Positionen haben ihre Berechtigung, solange sie vernünftig dargelegt werden. Worauf Jitzchak anspielt, ist die Haltung von Frau Brocke, die einer Gedenkstätte vorstand (heute ist die Alte Synagoge ein Museum für Jüdische Kultur) zu den Stolpersteinen, die sie damals in einem Blog dokumentierte:
Man könne/dürfe doch nicht zur Arbeit oder in den Urlaub fahren, ein Brötchen beim Bäcker holen oder einfach nur Shoppen gehen, ohne an die Massenmorde des NS-Regimes erinnert zu werden. Wer sich dagegen wehrt, wird umgehend in eine Ecke gestellt. …
Die Eroberung des Alltags geht – mit dem erhobenen Zeigefinger – munter weiter. In Bürgersteige eingelassene „Gedenksteine“ sollen die Menschen „stolpern“ lassen. Es wäre ja auch schlimm, würde man sie auf dem Weg zum Friseur oder zum nächsten Kiosk sich selbst überlassen. (habe ich damals hier besprochen, die Blogs gibt es mittlerweile nicht mehr https://www.sprachkasse.de/blog/2006/11/14/dame-edna-bloggt/ )
Das kann und darf sie ja auch alles sagen. Schlimmer ist es jedoch, wenn ein Herr Schroeder uns offenbar mitteilen will die gehören hier gar nicht hin. Interessanter ist aber noch, dass die RP auf keine Anfrage reagiert, die sich darauf bezieht — ja nicht einmal den Artikel entsprechend korrigiert.